„Kurz mal nach London und rasch wieder zurück. Habs schon
gebucht.“ Das hatte der Hermann dem Lieschen so zwischen Tür und Angel gesagt
und auch bereits alles andere geplant. „Supi“ fand die Liese das. Bis gestern.
Da hat sie beim Kaffee mal mit dem Fräulein Grete darüber gesprochen und die
fand das keine gute Idee. „Meinst du denn, du hältst das durch?“ hat sie gefragt
und dabei zweifelnd geguckt. Den Kopf hat sie schief gelegt und die Lippen ein
wenig zusammen gezogen. „Die Jüngste bist du ja nun auch nicht mehr“.
„Natürlich!“
hat die Liese gerufen und noch ein sehr lautes „Aber natürlich!“ hinterher
geschoben. Wäre sie ein wenig leiser geblieben hätten sich die Damen vom
Nachbartisch, die sich eh schon sehr für die Unterhaltung der beiden
interessierten, vielleicht nicht eingemischt. Aber so fühlten sie sich geradezu
eingeladen und überschütteten nun besonders das Lieschen, aber auch die Grete mit
ellenlangen Hiobsbotschaftsgleichen Erzählungen von ätzenden Busreisen in ferne
Städte.
Lieschen erinnert sich nicht mehr an die Einzelheiten. Sie weiß nur
noch, dass das Fräulein Grete oft genickt hat, aufgeregt immer noch einen Cappuccino
bestellt hat und an manchen Stellen der gruseligen Berichte sogar mahnend den
Zeigefinger gehoben hat.
Lieschen selbst hat den Damen dann Einhalt geboten,
versprochen noch einmal darüber nachzudenken und darum gebeten, das Thema zu
wechseln. Als die Grete dann mit den Giften in den Kosmetika anfing, verloren
die Nachbartischdamen ziemlich schnell das Interesse an weiterer Einmischung.
Kein Wunder. Einen kritischen Blick darauf konnten sie sich ganz offensichtlich
nicht leisten. Sie waren von der Sorte, die vermutlich auch zum
Briefkastenleeren so extrem geschminkt gingen wie sie sich hier präsentierten. Die Nachbarn könnten sie sonst
vielleicht gar nicht erkennen und würden eventuell die Polizei wegen
Hausfriedensbruch verständigen, wenn sie sie bar jedweder Farben im Treppenhaus hantieren sähen. Vermutete jedenfalls die Liese. Und leise
flüsternd hat die Grete ihr zugestimmt.
Jedenfalls hat die Liese heute Nacht sehr schlecht
geschlafen und immer wieder diese schrecklichen Argumente gegen die Reise im
Bus hin und her bewegt. Und am Morgen hat sie dann entschieden, den Warnungen
zu folgen und zu Hause zu bleiben.
Jetzt fährt der Hermann alleine. Findet er auch prima.
Hauptsache London, sagt er. Der wollte die Warnungen der Damen von gestern gar
nicht hören. Konnte er auch nicht, weil er sich einfach die Ohren zugehalten
hat. Da hat auch Lieschens lautes Sprechen nix genützt.
Beim nächsten Mal wird sie das auch so machen, denkt sie
jetzt. Einfach die Ohren zuhalten. Und nach London fahren wie Hermann. Und das
Parfum einfach weiter benutzen wie die Grete. Beim nächsten Mal.
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Herzlichen Dank für Euer Interesse und die den Blog so sehr bereichernden Kommentare!
Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))