Lieschen Mueller macht auch Fehler. Nicht nur die Grete, die
Anderen und die Politiker. Das hat sie eben auch dem Fräulein gesagt. Lieschen reagiert ebenfalls manchmal viel zu rasch. Nicht selten ist sie schneller empört als sie
denken und die Situation tatsächlich erfassen kann. Damit steht die Grete nun
wirklich nicht alleine in der Welt.
Früher hat das Lieschen dann auch die Gesichtsfarbe
gewechselt. Rot wie sie dann war, hat sie sich geduckt, den Blick gesenkt und
gehofft, dass niemandem auffällt, dass sie
mit der Reaktion daneben lag.
Und manchmal, ganz manchmal hat sie den Spieß
einfach rumgedreht und in Windeseile ihr Gegenüber angegriffen. Sie hat sich,
quasi in Notwehr, irgendein Verhalten eines Beteiligten geschnappt und das an
den Pranger gestellt, an den die eigene Voreiligkeit gehört hätte. In einigen
Fällen ist das keinem der Beteiligten aufgefallen und es entstanden die
schönsten Kriege. Vorwurf, Gegenvorwurf. Vorwurf, Gegenvorwurf. Vorwurf,
Gegenvorwurf. Ein Spiel, das von sich aus kein Ende kennt, wenn es um die Fehlervertuschung
geht.
Mittlerweile steht die Liese nicht mehr so sehr auf Kriege.
Ihr ist der Frieden lieber. Glücklicherweise ist sie mit der Zeit
erwachsener geworden. In vielen Fällen behält sie den Kopf mit offenem klarem
Blick einfach oben und sagt z.B. „Upps. Mein Fehler“. Und meint das auch so.
Irgendwie hat sie die Angst vor Strafe verloren. Eines Tages
war sie einfach weg. Schon eine Zeitlang. Einfach verschwunden. Das ist schön,
findet das Lieschen. Das schont ihren Blutdruck. Auch den der Anderen. Und
lässt sie oft entspannte Zeiten miteinander verbringen. Sie kann sich
ausprobieren, muss sich nicht extrem kontrollieren und falls ihr ein Fehler
passiert, gibt sie ihn zu, entschuldigt sich und versucht ihr Bestes, ihn
wieder gutzumachen. Die gleichen Chancen räumt sie natürlich Anderen ebenfalls
ein.
Sie hat der Grete eben manches Fehler-Beispiel erzählt, das
noch vor Jahren zu langanhaltenden Stellungskriegen geführt hätte, sich heute jedoch
einfach in Luft auflöst und nicht selten Beziehungen auf eine noch angenehmere
Basis gestellt hat. Und auch Beispiele von Fehlern, die nur sie für welche
hielt und niemand anderes. Oder von Fehlern, die sich nachträglich als das
Beste herausstellten, was sie tun konnte.
Kurz nach der Verabschiedung von der Grete hat die Liese
darüber nachgedacht, ob sie den Politikern auch von der Möglichkeit, Fehler
einfach zuzugeben und den daraus resultierenden möglichen wunderbaren Folgen einmal
erzählen sollte. Doch sie weiß nicht, ob die
Zeit schon reif ist. Noch erscheint ihr die Gefahr, für verrückt gehalten zu
werden, zu groß.
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Herzlichen Dank für Euer Interesse und die den Blog so sehr bereichernden Kommentare!
Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))