Dienstag, 29. Oktober 2013

Lieschen freut sich und kehrt vor ihrer eigenen Tür

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 81  ---> guckst du hier 

Ach, was ist das Lieschen erfreut. Sie jubiliert. Nicht nur innerlich. Nein. Sofort nachdem sie von Gretes gewonnenen Kampf gelesen hat, ist sie zum Hermann gelaufen und hat gerufen: „Siehste! Es geht nämlich ohne Lügen!“ Der wusste natürlich wie immer nicht, worum es in dieser zusammenhanglosen Mitteilung ging, antwortete aber trotzdem „Ja. Klar!“ 
Hätte er irgendetwas gefragt, hätte das Lieschen ihm vielleicht von Grete und all den verworfenen Notlügen erzählt und möglicherweise noch hinzugefügt, dass sie sehr  froh ist, dass die Grete so gut für sich gesorgt hat. Und mit der passenden Frage hätte sie womöglich sogar noch andere Details aus Gretes Bericht preisgegeben. Aber eigentlich ging es ja gar nicht darum, dass Hermann das alles erfuhr. Das Lieschen brauchte nur jemanden, dem sie ihre Freude zeigen konnte. Also lachte sie und jubilierte noch ein bisschen ohne spezielle Worte. Hermann lachte auch. Denn er freute sich über die gute Laune von seinem Lieschen und danach wahrscheinlich auch darüber, dass sie den Raum, in dem sie ihn überrascht hatte, auch wieder verließ. Hermann liebt nämlich seine Ruhe genauso wie die Gesellschaft von anderen.

„Vielleicht“ denkt die Liese als sie zurück in ihrem Zimmer ist, „vielleicht ist Gretes Absage zum Samstag für das Kindergartenfest gar kein Drama. Vielleicht ist die freigewordene Reibekuchenherstellungsstelle DIE Chance für jemand anderen, der das supergerne machen möchte. Vielleicht erkennt die Kindergartenleiterin ja ihren eigenen Fehler in der Geschichte und lernt, dass sie sich beim nächsten Mal klarer verhalten muss …“ Das Lieschen könnte noch ganz viele VIELLEICHTs anschließen. Sie liebt Möglichkeiten und hat schon oft die Erfahrung gemacht, dass die Folgen einer für sie schwierigen Entscheidung wunderbar waren. Viel wunderbarer als sie es sich selbst je vorstellen konnte. Nicht nur für sie selbst. Sondern oft auch für die anderen, die sie eigentlich mit einem erst einmal nicht ausgesprochenen Nein schützen wollte.

Sie ist so froh, dass die Grete den Samstag nun frei hat. Und das nicht nur, weil sie jetzt den gemeinsamen Ausflug machen können, der die Jungfernfahrt des neuen Autos sein soll. Nein. Das hätten sie sicher auch an einem anderen Tag machen können. In einem bereits entjungferten Auto lässt es sich ja auch noch wunderbar fahren. 

Nein. Sie ist ganz besonders froh, dass die Grete die Absage geradeheraus gesagt hat. Und dass sie auf die Lügen, die ja gewöhnlich Notlügen genannt werden verzichten konnte und keine einzige benutzt hat.
Gegen Lügen ist das Lieschen nämlich allergisch. Damit kommt sie gar nicht zurecht. Und was Notlügen sind, kann sie einfach nicht verstehen. Noch niemals hat sie eine Not gesehen, die durch irgendeine Lüge aus der Welt geschaffen wurde und noch niemals hat sie jemanden tatsächlich in einer Not gesehen, die eine Lüge wirklich verlangt hätte.

Das Lieschen träumt im Grunde von einer Welt, in der alle Menschen weder sich selbst noch andere belügen.  Sie träumt von einer Welt voller aufrechter Menschen, die hocherhobenen Hauptes für sich und ihre Überzeugungen eintreten. Aber sie hat am eigenen Leib, im Laufe ihres nun mehr gar nicht so kurzen Lebens, gelernt, dass die Welt so nicht ist. Und sie hat gelernt, dass sich Lügen bei allem Bemühen um Ehrlichkeit manchmal nicht verhindern lassen. Lieschen hat sich schon oft selbst belogen und in der Folge Dinge zu anderen gesagt, die sich nachträglich selbstverständlich auch als Lügen entpuppten. 
Wie oft hat sie „macht nix“ gesagt, wenn es doch was machte? Wie oft hat sie in ihrer Zeit als verkaufende Geschäftsfrau gesagt „das steht Ihnen wunderbar“ auch wenn das haarscharf an der Wahrheit vorbei war, weil sie verkaufen wollte oder glaubte verkaufen zu müssen. Wie oft hat sie schon gesagt „ja, mache ich gerne“ obwohl sie keine Lust dazu hatte, nur weil sie ihr Gegenüber nicht durch ein Nein verletzen wollte? Und so weiter.


Aber das Lieschen bemüht sich. Das möchte sie hier doch noch betonen. Ganz ähnlich wie die Grete heute, bemüht sie sich, für das Entstehen ihrer gewünschten lügenlosen Welt weiterhin so gut sie kann, vor der eigenen Tür zu kehren. 
Und natürlich wird sie sich weiterhin so doll freuen wie heute, wenn sie ein Bericht über das aufrechte Verwerfen von vermeintlich leichten notwendigen Lügen erreicht.



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Das Lieschen, die Fremdbestimmung und so manche Überlegung

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 80  ---> guckst du hier 

Lieschen ist froh, dass sich die meisten Uhren heutzutage automatisch umstellen. Wie von Geisterhand. Einfach so. Irgendein Computer, dem irgendwer gesagt hat, dass er einmal im Jahr mitten in der Nacht aus einer DREI eine ZWEI machen soll und später dann umgekehrt. Einfach so. Ferngesteuert ist der Computer. Ferngesteuert sind die vielen Uhren, die unsichtbar mit diesem Computer verbunden sind und auch der Mensch ist ferngesteuert. Nur dadurch?

Lieschen denkt über Gretes ZeitumstellungsundseineFolgenbericht nach. Die Grete schreibt, dass sie immer sieben Stunden schläft. Automatisch. Innere Uhr nennt sie das. Ist es das? Lieschen denkt, es könnte auch einfach eine Gewohnheit sein. Etwas, dass durch ständige Wiederholung entstanden ist.

Wie mag das überhaupt gekommen sein, dass Menschen aufgehört haben, ihr Leben am Stand der Sonne und den Erfordernissen des alltäglichen Lebens auszurichten? Wann wurde die Sonnenuhr ersetzt? Ob es eine einzelne Person war, die eines Tages gesagt hat „Hey Leute. So ein Blick an den Himmel wegen des Sonnenstandes ist veraltet. Ihr interpretiert das ja alle wie ihr wollt. So geht das nicht weiter. Damit wir uns klar und verbindlich verabreden können, müssen objektive Zahlen her. Ihr bekommt jetzt alle Uhren und nach denen habt ihr euch ab sofort zu richten“? Ob das eine Person war, der Individualität auf die Nerven ging? Eine Person, die feststellte, dass Individualisten schwerer oder gar nicht nach den eigenen Vorstellungen zu lenken sind als eine Masse, die sich an vermeintlich Objektivem orientiert? Lieschen weiß es nicht. Vermutlich ist die Geschichte der Zeit und der Uhren komplizierter. Sie könnte die Hintergründe googeln. Würde aber eh nur erfahren, was als Historie publiziert wurde und außerdem hat sie gerade Spaß an ihren Vermutungen und schrägen Überlegungen.

An denen lässt sie in Ausschnitten ihren Hermann teilnehmen. Der kennt Lieschens Art zu denken. Wundert sich nicht über ihre Schlussfolgerung, dass die Menschen wahrscheinlich nicht nur über die Zeit ferngesteuert werden und sagt, den Ausgang ihrer Überlegungen aufgreifend „Ich mag die langen Sommerabende, die es ohne die sogenannte Zeitumstellung, die ja einfach nur eine Uhrenumstellung ist, nicht gäbe“. 

DAS ist dem Lieschen nun egal. Wenn es dunkel ist, ist es halt dunkel und wenn es hell ist, ist es hell. Draußen. Solange es Elektrizität gibt und die Lampen im Haus funktionieren ist es ihr egal. Sie kann sowohl dem hellen Tagesteil als auch dem dunklen Teil des Tages Gutes abgewinnen. Aber das Lieschen muss auch nicht jeden Tag der Woche zu einer bestimmten Uhrzeit in ein Büro gehen. Da hat sie es gut. Sie arbeitet, wenn sie das möchte. Meistens. Wie gesagt, solange es Elektrizität gibt, ist sie unabhängig von den Entscheidungen des „Zeitumstellers“. Das findet sie gut und wichtig. Weiß aber natürlich, dass diese Unabhängigkeit auf tönernen Füßen steht. Denn sollte der für die Bereitstellung der Elektrizität zuständige Herr beschließen, diese abzuschalten oder eines Tages einfach nicht mehr einzuschalten, muss auch sie sich wieder umstellen. Und zwar nicht nur in der Nutzung der hellen und der dunklen Tagesteile.

Lieschen hat das im Kleinen ja schon erlebt. Das Leben mit der aufgehenden und der untergehenden Sonne und die Fokussierung auf die wesentlichen Erfordernisse und Freuden des Tages ließ sie den heutzutage so üblichen häufigen Blick auf die Uhr fast gänzlich vergessen. Erst die Ausrichtung auf Arbeit innerhalb der Gesellschaft und das damit verbundene Geld, machte Wecker und den Blick auf die Uhr wieder notwendig. So tappste sie oft im Dunklen, wohl gewaschen aber nicht geschminkt in ihr Auto und holte die Schminkerei nach, wenn die Sonne eingeschaltet wurde und das Licht den Blick in den Spiegel sinnvoll machte.

Lieschen weiß, dass ihr Leben (vielleicht nicht nur) innerhalb der Zeit fremdbestimmt ist. Wenn nicht durch Uhren dann mindestens durch den „Stand“ der Sonne. Damit hadert sie nicht. Sie sucht die Selbstbestimmung innerhalb des Unabwendbaren. Es ist ja möglich den Tag zur Nacht zu machen und umgekehrt. Es ist auch möglich, Uhren, die irgendwelche Zahlen anzeigen zu ignorieren. Jedenfalls manchmal. Auch für Arbeitnehmer. Mindestens an den freien Tagen. Oder nicht?
 Lieschen liest noch einmal bei der Grete nach, entdeckt den Plan vom sonntäglichen Spaziergang und Mittagsschlaf, kommt zu der Stelle als Herr Heinevetter und die Grete sich letztlich über das Fernsehprogramm und den Zwang am Sonntagabend um 20.15 (wann auch immer das ist) den Tatort zu schauen durch Schlaf entziehen und ist froh. Es gibt sie also auch außerhalb ihres eigenen Universums. Die (kleine) Selbstbestimmung innerhalb des Vorgegebenen. Das gefällt dem Lieschen.




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Sonntag, 27. Oktober 2013

Lieschen freut sich über das Gute-Laune-Video

Ihr Lieben,

statt eines LieschenantwortetderGretetextes 
gibt es heute den Link zu DEM Video, 
das "das Fräulein Grete Meier" heute "gebastelt" hat 
und über das sich das Lieschen sehr freut!

viel Vergnügen
beim Ansehen



Samstag, 26. Oktober 2013

Lieschen und der geschenkte Gaul - in Blaumetallic

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 79  ---> guckst du hier 

„Ach ja“, denkt das Lieschen lächelnd nachdem es den Bericht von Gretes Autokauf gelesen hat, „so ist die Grete. Beim Kauf eines Lippenstifts und eines Nagellacks verbringt sie Stunden im Internet und  zur Ansicht auch in den einschlägigen Geschäften. Um auszuschließen, dass sie sich aus Versehen für eine falsche Farbe oder Qualität entscheidet, guckt sie sich die Augen rund, läuft sich die Füße wund und ist selten so zufrieden mit ihrer Wahl, dass sie die Prozedur nicht eine Woche später wiederholt, weil sie feststellt, dass die gekauften lebenswichtigen Utensilien doch nicht zu allen Blusen passen, die sie bereits besitzt oder gerade bestellt hat. Und ein Auto kauft sie im Handumdrehen. Einfach so! Da kennt sie nix. 3 Kriterien, der beste Preis und zackzack ist der Deal gemacht."

Das Lieschen ist voll Bewunderung. Und ein bisschen in Sorge. „Metallic? Ach du meine Güte!“ Sie liest noch einmal nach. „Ja! Metallic. Und nagelneu!“ Jetzt passiert das, was das Lieschen doch seit langem versucht, sich abzugewöhnen. Sie erinnert sich automatisch an ein Erlebnis aus ihrer Vergangenheit und projiziert ihre Probleme von damals auf Grete und deren mögliche Zukunft mit deren Auto.

Lieschen hatte nämlich auch schon einmal ein metallicfarbenes Auto. Und genau dieses Auto war nagelneu als es gekauft wurde. Das ist sehr sehr lange her. Aber durch Gretes Autokauf kommt es ihr vor, als sei es gestern gewesen. Oder heute. So frisch erscheinen ihr die Bilder und Gefühle von damals. Lieschen hatte dieses Auto von ihrer Oma geschenkt bekommen. Von der Großmutter, die selbst alle Geschenke zurück gab und vorgab nichts, aber auch gar nichts zu brauchen. Diese Frau hatte lange beobachtet, dass das Lieschen uralte Autos fuhr, deren Name nur aus einem Buchstaben und einer Zahl bestanden. Bunt waren die alle und klapprig und nicht sehr haltbar. Die Oma hat sich also damals, als sie hörte, dass Lieschens letztes Auto nun auch auf dem Autofriedhof gelandet war, mit ihrem Sohn beraten, in ihr Erspartes gegriffen und die Liese vor vollendete Tatsachen gestellt. Also vor fast vollendete Tatsachen. Als alles beschlossen war griff sie zum Telefon und informierte das Lieschen über ihre Beschlüsse. „Ich kauf dir ein neues Auto. Dein Vater hat es schon ausgesucht und angezahlt. Du bekommst es nächste Woche. Dein Anteil ist lediglich 500 Mark.“ 
Der Anruf kam eines Samstagsmorgens um 7 Uhr. Die Liese war noch nicht so wach, dass sie widersprechen konnte und sagte vermutlich irgendetwas wie „Oh. Danke. Toll. Ein Auto!“ Als sie dann nach und nach aufwachte, hätte sie es am liebsten wie die Oma selbst gemacht und das dubiose Geschenk abgelehnt. Denn, hätte sie 500 Mark besessen, hätte sie sich bereits eins dieser geliebten alten Gefährte gekauft, die sie so schön mit Farbe und Pinsel bearbeiten konnte und die ihr stets das Gefühl von Freiheit und Abenteuer vermittelten. 
Zu spät. Als sie am späteren Vormittag kleinlaut ihre Bedenken äußerte und probeweise ein sehr leises Nein ins Telefon hauchte, wurde das mit einem Vortrag über Undankbarkeit und Unvernunft beiseite gewischt und ein paar Tage später stand dieses BLAU!METALLIC!-farbene Auto vor ihrer Tür. „Das wirst du doch wohl jetzt Vollkasko versichern und vergiss‘  nicht die regelmäßigen Inspektionen! Wir hoffen, du zeigst dich dieses Geschenkes würdig. Dieses bisschen Verantwortung können wir ja bei dieser Großzügigkeit wohl verlangen!“  
Damals nickte das Lieschen und allein während der Erinnerung daran, krümmt sich Lieses Körper vor Unbehagen.

Es kam dann wie es kommen musste. Sie wurde niemals richtig warm mit dem Ding, dass die Grete Autochen nennen würde und nach wenigen Wochen bereits war ein Passant so freundlich, dem Lieschen eine weitere schöne Herausforderung zu schenken, indem er (oder sie) vermutlich mit einem Schlüssel die gesamte Fahrerseite in waagerechter Strichform bearbeitete. 
„Das wirst du doch wohl reparieren lassen!“ hieß es aus Schenkermündern und das Lieschen, das eh schon im Besitz eines Kredites wegen der Zuzahlung und der Vollkaskoversicherung war, erfuhr, was es kostet, Metallicfarben! zu lackieren und erhöhte den Kredit für etwas, das sie bis dato einfach ein kleines Töpfchen Farbe und einen Pinsel gekostet hätte. Wenn überhaupt.

Die Erlösung aus der Lieschenknebelsituation brachte dann ein Unfall, den die Liese zu verantworten hatte, die Versicherung aber wegen dieser Vollkaskosache zahlen würde. Dann endlich stand der Liese das große NEIN zu diesem blauen Etwas – blau ist die einzige Farbe, die sie nicht leiden kann – nicht nur im Gesicht geschrieben, sondern es nahm sie ganz und gar ein und brach aus ihr heraus.
Sie verkaufte das komplett kaputte Auto samt Versicherungsansprüchen an einen Freund, der sich freute, kaufte sich für einen Bruchteil des Erlöses eins dieser Autos, die sie so liebte, löste den Kredit ab und enttäuschte ihre Familie.  


Heute weiß sie, dass Recht hat, wer sagt „ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“ und hofft inständig, dass Gretes Auto niemals einem Passanten mit Schlüssel begegnet und sie das Geld für eine Vollkaskoversicherung hat. Die braucht man nämlich bei einem nagelneuen Metallicauto. DAS weiß das Lieschen ja schließlich aus Erfahrung.




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Donnerstag, 24. Oktober 2013

Lieschen nimmt sich für den Moment viel Zeit und andere Skurrilitäten

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 78  ---> guckst du hier 

Dem Lieschen schwirrt ja heute noch ein bisschen der Kopf. So viele Menschen und Geschichten haben sich gestern beim Kaffeetrinken mit der Grete auf dem Caféhaustisch und in ihrem Kopf eingefunden, dass sie ihre liebe Müh und Not hat, heute  irgendwie in die Strümpfe zu kommen. Die meisten sind schon wieder gegangen, aber einige halten sich hartnäckig. „So ist das mit der Vergangenheit und den Angelegenheiten anderer. Sie binden halt Energie. Da musste dich gar nicht wundern.“ Manchmal spricht sie so mit sich selbst. Das tut ihr gut, denn dann lacht sie - auch mit sich selbst und über sich. Das befreit. Auch ihren Kopf von all den Gedanken, die sie sich manchmal macht, wenn irgendwelche Informationen zu ihr gelangen. Z.B. Gedanken an den Tag, an dem Willi Millowitsch gestorben ist und sie in der Ferne geweint hat. Das hatte sie vergessen. Aber als die Grete den Namen erwähnte, sang sie automatisch „ich bin ene kölsche Jung, watt willste maaachen …“ und noch andere Lieder. Genauso wie am Todestag des Kölner Originals mit dem die Liese aufgewachsen ist. Also nicht persönlich, sondern nur in der Nähe. Also im Rheinland. Da gehörte er hin und da gehörte sie hin und auch die Grete. Und als er starb war sie schon lange nicht mehr dort und hat mit seinem Tod ihre damalige Abwesenheit von der Heimat und vielleicht auch deren möglicherweise kompletten Verlust beweint. Das hatte sie vergessen. Und wird sie auch bald wieder vergessen. Das hofft sie. Denn sowohl ihre rheinländische Geburt ist Vergangenheit als auch der tränenreiche Tag in einer anderen Stadt. Sind doch die Gedanken daran getränkt mit Gefühlen, die für ihr Heute keine Bedeutung haben. Oder vielleicht doch? „Nein!“ sagt das Lieschen mit Bestimmtheit, schenkt der Melancholie noch ein wenig Gastfreundschaft, ignoriert den Gedanken an Frau Merkels Smartphone, vermeidet es, noch einmal über Lügen und Politiker, die ihre Bürger für doof halten, zu philosophieren und wendet sich noch einmal kurz dem letzten Thema des gestrigen Kaffeetrinkens zu.  

Die Grete hatte nämlich von ihrer Angst vor Tarotkarten erzählt. Das hatte die Liese sehr erstaunt. Sie selbst findet ja, dass solche Karten ein prima Hilfsmittel sind, um sich über die eigene aktuelle Situation klarer zu werden und möglicherweise Sachverhalte zu entdecken, die auf den ersten oberflächlichen Blick unsichtbar sind. Sie fahndet schon seit unzähligen Jahren immer mal wieder -  auch - mithilfe solcher Karten nach „verborgenen Informationen“ über sich selbst. „Immer nur für mich selbst, Grete“ hat sie gestern ein paar Mal gesagt. „Und immer nur für die aktuelle Situation“ hat sie hinzugefügt. 

In die Zukunft gucken wäre der Liese auch unheimlich. Die entsteht ja erst.  Und darüber möchte sie auch nichts wissen. Denn wenn sie wüsste, dass z.B. ein bestimmtes Problem auf sie zukommt, würde sie sich ja heute schon verrückt machen. Obwohl sie gar nicht wüsste, in welcher Situation sie dann wäre, welche Möglichkeiten sie dann hätte und so weiter. Das macht in Lieschens Augen keinen Sinn. Das würde ihre Energie ja genauso binden wie das Nachdenken über Vergangenes. Das gewöhnt sie sich ja auch Schritt für Schritt ab. All das ist ja nicht jetzt. „Das Leben, Grete, das Leben ist aber NUR jetzt!“ hat sie immer wieder gesagt und die Grete hat unzählige Argumente angeführt, warum die Vergangenheit mit ihren Ereignissen so wichtig ist und warum die Zukunft doch geplant  und wenn möglich durchschaut werden sollte. Da war sie aber bei dem Lieschen an der falschen Adresse. 

Die Liese meint ja, es sei das Beste, sich um den Moment zu kümmern. Und darum bemüht sie sich. Für den Moment und das Ausloten, was jetzt ist, nimmt sie sich eine Menge Zeit. Als sie das gestern zur Grete sagte, hat die sich kaputt gelacht. „Für den Moment viel Zeit nehmen … hahaha“. Und das Lieschen ist ins Lachen eingefallen. Das gefällt ihr. Die Worte, die sie benutzt genau nehmen, gehört nämlich dazu. Zu der Aufmerksamkeit, die sie dem Leben schenken möchte und auch oft schenkt. Als das Lachen abebbte, lehnte sich das Lieschen zurück und sagte „siehste Grete, so verrückt ist das nämlich. Da entsteht das Leben in jedem Moment neu und ich quatsche hier von Zeit.“ Die Liese hat dann noch hinzugefügt, dass sie, wenn sie jetzt alleine wäre und ihr dieser lustige Satz aus ihrem Munde oder in ihrem Kopf aufgefallen wäre, vielleicht die Tarotkarten nehmen würde, um herauszufinden, was eine persönliche tiefere Ursache für diese Verkettung wäre. „Vielleicht, Grete“ hat sie gesagt „vielleicht!“ Denn eigentlich sind ihr mittlerweile auch sogenannte Ursachen egal. „Ist ja wurscht wie es dazu kam. Ist ja vorbei. Und schon allein das bewusste Bemerken hilft vermutlich.“ Hat sie gestern zur Grete gesagt und meint es natürlich auch heute noch. Grete hat den Kopf geschüttelt, noch ein bisschen die Vergangenheit verteidigt und hat dann in Lieschens entspanntes Lachen eingestimmt. „Ist wieder ein schöner Mittwoch“ hat sie gesagt und die Liese hat ihr zugestimmt. Wie immer. Oder anders gesehen. Völlig neu. Zum allerersten Mal.



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Dienstag, 22. Oktober 2013

Im Ergebnis findet das Lieschen, dass in der Welt alles gut eingerichtet ist

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 77  ---> guckst du hier 

Jetzt ist das Lieschen ganz kleinlaut und weiß nicht so recht, was sie auf Gretes Tagesbericht antworten soll. Die Aktion, die die Grete so adhoc  auf die Beine gestellt hat, klingt so wunderbar. Herr Heinevetter hat ein Problem und die Grete löst es mithilfe der Hausgemeinschaft für ihn. 

Lieschen vermutet, dass die Grete dafür viel Zustimmung bekommt. „So muss es sein in der Nachbarschaft“ werden die meisten wohl sagen. „Das ist Freundschaft“ werden sie vielleicht noch hinzufügen. Und das Lieschen würde stumm daneben stehen. Vielleicht. Wenn überhaupt.

Das Lieschen wäre vielleicht gar nicht zu der Versammlung in Gretes Küche gegangen. Sie hätte die Grete möglicherweise gefragt, was denn der Heinevetter selbst möchte. Dann hätte sie wohl geantwortet, dass er seinen Führerschein abgeben will. Und dann hätte unser Lieschen vermutlich angesichts seines Alters und seines selbst ausgesprochenen Wunsches  einfach die Information als Information genommen. Vielleicht hätte sie noch gefragt, wie er sich denn seinen Wochenendeinkauf nun vorstelle und ob er dabei Hilfe bräuchte. Aber auch das hätte sie ihn dann am liebsten selbst gefragt. Seine Entscheidung hätte sie nicht infrage gestellt. 

Die Liese weiß, dass ein solches Verhalten ungewöhnlich ist und nicht selten als nichthilfswillig oder gar als herzlos bewertet wird. Aber sie findet Akzeptanz enorm wichtig. Wenn also der Herr Heinevetter aus Angst davor ein versehentlicher Mörder zu werden lieber nicht mehr Auto fahren will, wäre sie die Letzte, die ihn an diesem Verzicht hindern wollte.  Aber vielleicht haben ja Gretes Nachbarn Recht und ein Augenarzt und Optiker könnte eine Grundlage für eine neue,  vielleicht völlig andere,  Entscheidung von Herrn Heinevetter legen.

Lieschen schämt sich angesichts ihrer Gedanken zur Situation und doch kann sie ihre Zweifel nicht so einfach über Bord werfen. Grete schreibt, dass der Heinevetter, als er vor vollendete Tatsachen gestellt wurde, als ihm ein Plan für sein Leben von den Nachbarn vorgelegt wurde, überrascht schweigt und dann die Hausgemeinschaft lobt.
Was wäre wohl gewesen, wenn er gesagt hätte „Nenene, danke, aber mir war das Ernst. Ich will den Führerschein abgeben. Für Hilfe bei meinem Wocheneinkauf wäre ich aber wohl dankbar“?

Könnte doch sein, dass es ihm Ernst war, denkt die Liese. Oder ist es tatsächlich so, dass Menschen ihre Probleme, die sie selbst nicht klar untersuchen und auch nicht klar benennen, von anderen gelöst haben wollen, ohne selbst auch nur einen Schritt zu tun? Je länger Lieschen sich jetzt mit diesem Problem, das ja ihr ureigenes ist,  auseinandersetzt, desto deutlicher vermutet sie: Ja. Das wollen Viele. Erwachsene Menschen möchten, dass andere ihre Probleme lösen, ohne, dass sie genau sagen müssen, was sie wollen. So wie Babys. Wenn die Hunger haben oder sie etwas zwickt, dann ist es ihr gutes Recht, einfach rasch zu brüllen, falls die Mutter nicht von selbst merkt, dass etwas nicht stimmt oder das Kind etwas braucht. Die Mutter eines Babys oder Kleinkindes ist verpflichtet durch „hellsichtige Fähigkeiten“ oder Ausprobieren herauszufinden, was das Kind braucht und es ihm zu geben. Eine Mutter ist die Problemlöserin des Babys oder Kleinkindes. Natürlich!

Aber der Heinevetter ist doch kein Baby mehr. Und die Grete ist doch nicht seine Mutter. Lieschen meint, dass man von einem erwachsenen Menschen, der sprachlich keine Behinderungen hat, erwarten könne, dass er sich artikuliert. Zu Hellsichtigkeiten gegenüber Erwachsenen ist das Lieschen nicht bereit. Und sie glaubt auch nicht, dass man einem erwachsenen Menschen einen Gefallen damit tut, ihn wie ein Baby oder Kleinkind zu behandeln.
Lieschen bevormundet halt nicht gerne. Weder Kinder noch Erwachsene. Im ersten Moment respektiert sie, was ihr gesagt oder gezeigt wird.  Mag sein, dass sie einen Vorschlag macht oder eine Frage stellt. Mehr aber erst einmal nicht. So ist sie. Sie würde die Antwort abwarten und nach Möglichkeit respektieren.

Kann ja sein, dass der Herr Heinevetter auf die Frage „Was meinen sie, soll ich mal die Hausgemeinschaft zusammen trommeln, sodass wir beraten können, ob wir Ihnen helfen können?“ mit „Auja super“  geantwortet hätte. Vielleicht aber auch nicht.

Langer Rede, kurzer Sinn. Das Lieschen ist in diesem Fall sehr froh, dass sie nicht zu dieser „eingeschworenen Hausgemeinschaft“ gehört, die so wunderbar funktioniert und in der sie mit ihrer Reserviertheit und ihrer Auffassung von Respekt möglicherweise für unnötige Unruhe sorgen würde.

Ist halt alles gut eingerichtet in der Welt, meint das Lieschen. Die Menschen finden sich so wie sie sich brauchen. Prima.




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Lieschen läuft den Gedanken davon

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 76  ---> guckst du hier 


Lieschen vermutet, dass die Grete zu viele Thriller und Krimis liest. In der sogenannten Realität kommt es nämlich nur sehr  selten vor, dass süße kleine Fliegen Menschen etwas zuleide tun. So Fliegen sind nämlich im Normalfall ziemlich klein, sitzen rum, fliegen und machen dabei ein leises Geräusch. Mehr nicht. Dachte das Lieschen jedenfalls bis sie Gretes Tagesbericht gelesen hat und dann das Wort „Fliegen“ gegoogelt hat. 

Jetzt weiß sie,  dass Fliegen sich in organischen Resten besonders wohl fühlen und Krankheiten übertragen können. „Toll“, denkt sie, „wieder ein Stückchen Naivität verloren. Und eine Paranoia dazu gewonnen?“ Manches Wissen ist nämlich für das Lieschen nichts. Deshalb liest sie auch keine Thriller, Krimis oder Vergleichbares. Sie stellt sich das Gelesene gewöhnlich viel zu genau vor. Sie ist in der Lage, das was sie liest, hört oder (fern-)sieht so zu fühlen als würde sie es erleben. Und dann glaubt sie natürlich, dass es die gruseligsten Ereignisse tatsächlich gibt. 

„Ich muss wohl nicht erwähnen, dass mir Science Fiction und Katastrophenfilme oder –bücher nicht dienlich sind“ sagt sie und fährt automatisch fort, sich die Sache mit der Grete, dem Schlafzimmer und der Fliege weiter auszumalen. Als sie an der Stelle ankommt, wo die Fliege Gretes Schlafzimmer kurz verlässt, um es sich in der Tonne für organischen Müll unter dem Fenster des Schlafzimmers gemütlich zu machen und auf dem Rückweg zu Grete so groß wird, dass sie kaum noch durch das Schlafzimmerfenster passt, beschließt sie mit Gewalt, diesen Bildern Einhalt zu gebieten. Sie richtet sich auf, schüttelt den Kopf und erlaubt als beinahe letzten Gedanken zum Thema nur noch sehr kurz die Vorstellung, dass dieses Riesenvieh nun neben Grete auf dem zweiten Kopfkissen sitzt und sie interessiert ansieht. Im Dunklen. Ob Fliegen im Dunklen tatsächlich sehen können googelt sie vorsichtshalber nicht mehr und auch die Idee, dass die nun riesengroße Fliege beginnt die Grete im Schlaf zu verspeisen verwirft sie indem sie den Kopf noch einmal enorm heftig schüttelt.

„Was nun?“ fragt sich die Liese als sie den Kopf endlich wieder stillhalten kann und findet keine Antwort. Einzig ihr Körper verlangt nach Bewegung. So zieht sie sich die bequemen Schuhe und die warme Jacke an, verlässt das Haus und spaziert in die Natur. Erst langsam, dann schneller und dann so schnell, dass sie zum Denken, Vorstellen und Weiterphantasieren keine Energie mehr übrig  hat. Sie läuft. Belebend und erschöpfend. Während ihres Laufs manövriert sie sich körperlich in den Augenblick, der einfach IST und ihr das Schnappen eines Gedankens oder einer Vorstellung Gottseidank gar nicht mehr erlaubt. Das tut gut.

Als sie sich für den Moment erschöpft aber glücklich auf einer Parkbank niederlässt ist der Gedanke an die Grete ermordende Riesenfliege bereits so weit weg, dass sie ihn nur mit Mühe wieder zu sich ziehen und weiter ausmalen könnte. „Fein!“ sagt sie zu sich selbst und betrachtet sich ihre Umgebung.
Herbstblätter, trockene und feuchte. Zwitschernde Vögel.  Zarte Sonnenstrahlen, die sich den Weg durch Wolken und Zweige zu ihr bahnen und ihr Gesicht berühren. Automatisch schließen sich Lieschens Augen und auch die allerletzten Restchen ihrer neuen und eben noch aktiven Fliegenparanoia schmelzen im inneren Schein dieser Strahlen, die sie im Innersten zu treffen scheinen.


Den Weg nach Hause legt sie sehr langsam zurück. Automatisch beachtet sie jeden einzelnen Schritt in ihren Füßen und dessen Folgebewegungen in ihrem Körper. Erst als sie ihre Aufmerksamkeit beim bedächtigen Gehen auf ihre Fußsohlen lenkt, die Verbindung mit der Erde bewusst wahrnimmt schaffen es wieder mehr der weniger neurotische Gedanken in ihre Nähe.  Hätte sie sich nicht augenblicklich von ihnen abgewendet, wäre ein weiterer Lauf zur Klärung und Reinigung notwendig geworden. 

Die Gedanken erinnerten sie nämlich an die vielen kleinen Lebewesen, die sich zwischen ihren Fußsohlen und dem Boden befinden und die sie von unten … und zu Recht von ihr zertreten … . 

Naja. Glücklicherweise hat sie sich dem Startgedanken dieses Zyklus erst gar nicht zugewendet, hat darüber bei der Grete auch nichts gelesen, musste also nichts googeln, trat also in die Fantasieschleife erst gar nicht ein, ersparte sich Kopfschütteln und Ganzkörpereinsatz und entsorgt jetzt klugerweise auch die wenigen letzten Thriller, die sich noch in ihrem Bücherschränkchen befanden.





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Sonntag, 20. Oktober 2013

Lieschen rollt mit der Fragenlawine

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 75  ---> guckst du hier 

Das Lieschen lacht und wischt sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. So sehr hat sie sich über Gretes Kunst-Besuchs-Bericht amüsiert. Und gerührt ist sie auch ein bisschen. Weil die Grete so lieb über das farblose Etwas schrieb, dass die Liese ihr einst „hergestellt“  hat.

Das Lieschen nennt nämlich das was sie tut selten beim richtigen Namen. Malen mag sie für ihre Art des Farbeauftragens auf Leinwände kaum sagen. Das hielte sie für Größenwahn und könnte sehr gut verstehen, wenn jemand vor ihren Bildern stünde und sagte: „Ach guck: Farbe!“ Mehr isses ja nicht, würde sie auch sagen und mit „Jau!“ bestätigen. Oder ist es doch mehr und die Grete hat Recht, dass Farben und auch Nichtfarben doch mit dem Betrachter sprechen können?

Was ist überhaupt Kunst? Was im Leben ist wirklich eine Kunst? Ist es nicht vielmehr so, dass die Geschichten, die wir um die Dinge machen, sie erhöhen oder erniedrigen? Sie wertlos oder wertvoll werden lassen? Lieschen kennt sich eigentlich nicht aus. Sie würde sich total langweilen, wenn sie mehrere Stunden Kreuze in unterschiedlichen Farben ansehen müsste und sie würde sich noch mehr langweilen, wenn sie dauernd Kreuze auf unterschiedlich große Leinwände malen müsste. Tagaus, tagein nur Kreuze. „Nenene“, sagt sie, „sowas ist nix für mich.“ Und das will sie auch niemandem antun.

Andererseits findet sie witzig, was manche einfach machen, ausstellen und dann tatsächlich auch verkaufen. Udo Lindenbergs Likörbilder z.B. findet sie lustig. Naja eigentlich ist es die Geschichte die sie lustig findet. Jahrelanges Suchen nach der geeigneten Rezeptur, der haltbaren Alkoholmischung. Die Idee ist gut, meint sie. Fast so gut wie Gretes Nagellack und Wimperntuschemalereiidee. Nur für die gäbe es vielleicht nicht die künstlerische Anerkennung? Oder doch? Wäre es nur eine Frage der Werbung? Eine Frage der Geschichte, die drum herum gebastelt wird? Eine Frage der klugen Nutzung der Medien? Oder steckt hinter dem, was „Kunstkenner“ GUT nennen, mehr? Mehr Geist, mehr Spirit? Oder ist es nur Alkohol, Nagellack oder Wimperntusche auf Leinwand?

Ähnlich ist es ja mit dem Schreiben. Preise werden ja gerne für Ungewöhnliches und oft auch Unverständliches verliehen. Je unverständlicher desto Kunst? Je mehr Kunst desto GUT?
Auch in der Literatur verwenden die „Macher“, die Künstler ja nur Wörter. Wörter, die jedem von uns zur Verfügung stehen. Sie sortieren sie halt auf ihre Art. Welche Art ist Kunst? Welche Art der Wortsortierung ist Literatur und welche ist einfach nur Geschreibsel? Lieschen weiß das nicht. Sie muss sich auch in dieser Hinsicht auf Experten verlassen und fragt sich doch auch da immer wieder, wie die wohl Experten geworden sind und ob es tatsächlich objektive Maßstäbe für solche Kategorien gibt.

Kleiderfabrikanten, Kleiderzeichner und Markennamensgeber könnten Designer genannt werden. Sind das Künstler? Was unterscheidet Herrn Joop und seine Produkte von Else XY, die aus einem Stück Stoff ein schönes Kleid herstellt? Mit der Firma Joop hat der Mann nix mehr zu tun und Stoffe anfassen und Schnitte machen kann er nicht. Und doch ist er ein interessanter Typ und Lieschen hört ihm gerne zu, wenn er spricht und sieht gerne wie er sich bewegt und denkt. Und dann wieder spricht. Manchmal meint sie, er ringt um die richtige Einstellung, um die passenden Worte, um das was vielleicht die Wahrheit ist.

Vielleicht ist das ein Merkmal für einen Künstler? Vielleicht geht es um die Wahrheit in der Kunst? Das Suchen, Entdecken und Ringen um die Wahrheit während der Herstellung von Etwas? Ist das ein Merkmal von Kunst? Ist das vielleicht das, was sich durch das Produkt transportiert? Ein Fitzelchen einer vom Künstler im Moment der Erschaffung entdeckten und in Form gebrachten Wahrheit? Mag sein, dass das etwas ist, das Dinge zu Werken macht und Zeugs zu Kunst. Oder ist das alles Unsinn?  

Gretes „Kreuzbericht“ hat beim Lieschen eine Fragenlawine angestoßen, die offensichtlich noch rollt und vielleicht niemals auf echte Antworten treffen wird.

„Vielleicht sollte ich mich künstlerisch auf Antwortsuche begeben“ denkt sie, steht auf, schnappt sich eine Leinwand, öffnet die Farbtöpfe und hofft inständig, dass die Antwort nicht aus jeder Menge Kreuzen besteht.




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Samstag, 19. Oktober 2013

Lieschen empfiehlt die Anlage eines Vorrats

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 74  ---> guckst du hier 

Lieschen ist das ja völlig egal, was wann in welchen Supermärkten verkauft wird. Sie findet, Osterhasen schmecken im Normalfall genauso wie Weihnachtsmänner und umgekehrt.
„Ist doch egal, in welcher Verpackung die Schokolade daher kommt“ sagt sie oft zu der Grete, die ihrerseits auf der Vermutung besteht, dass das Auge mit isst und alles seine Zeit hat. „Ein Weihnachtsmann, Liese,  das kannste mir glauben, schmeckt definitiv nach Winter und Gemütlichkeit. Außerdem riecht er nach Tannennadeln und Kaminfeuer. Während ein Osterhase natürlich nach Osterglocken und Maiglöckchen riecht und dementsprechend natürlich nach Frühling, Aufbruch und kommendem Sommer schmeckt.“ Wenn Lieschen dann ein wenig die Nase rümpft, was sie jedes Mal tut, wenn die Grete mit dieser Theorie ankommt, dann dreht die sich gewöhnlich ein wenig weg und sagt „ach du hast ja keine Ahnung Lieschen, du erinnerst dich einfach nicht mehr. Viel zu lange schon isst du solch wunderbare Dinge ja nicht mehr.“ Das stimmt natürlich. Dem Lieschen ist es völlig egal, wann die Sachen verkauft werden, sie kauft sie zu keiner Jahreszeit und schreibt sie auch niemals auf Hermanns Einkaufszettel.

Sie weiß auch schon lange nichts davon, dass zum Weihnachtsfest der  Schnee gehört und es an Ostern eigentlich nicht heiß sein darf. Viel zu oft hat sie die Weihnachtszeit in wärmeren Gefilden verbracht und Ostern extrem schwitzend im Bikini. Und doch weiß sie natürlich von den Sehnsüchten einiger Deutscher im wärmeren Süden nach dem Weihnachten ihrer bereits viele Jahrzehnte vergangenen Kindheit. Sie hat ansonsten ziemlich patente Menschen im strahlenden spanischen Sonnenschein Weihnachtssterne basteln, Glühwein trinken und deutsche Weihnachtsbäume kaufen gesehen. 
Lieschen hat ja einige Jahre inklusive aller Weihnachtsfeste in Spanien verbracht und über die Zeit die veränderten Bedingungen und Gewohnheiten auch der Spanier beobachtet. Mit dem Einzug von Lidl in Spanien kamen auch der Weihnachtsstollen und die Dominosteine, auch schon im Oktober. Durch den persönlichen Einsatz und die Geschäftstüchtigkeit einiger Deutscher flogen deutsche Weihnachtsbäume in der Enge ihrer Netzverpackungen in sonnige Gefilde oder lagerten tagelang im Rumpf eines Riesenschiffes, um dann in Wohnzimmern oder Gärten kurz Platz zu nehmen, die eigentlich für rote Weihnachtssterne und mediterrane Pflanzen gemacht wurden.

Spanier feiern das Weihnachtsfest eigentlich nicht am „Heiligen Abend“. Schon eh und je brachten die „Heiligen drei Könige“ die Geschenke. Am Meer mit dem Schiff. Aber weil sich ja in dieser mittlerweile buntgemischten Welt kein Brauch mehr unverwässert hält bekommen viele spanische Kinder heutzutage zweimal innerhalb kürzester Zeit Geschenke. Am Heiligabend und am Dreikönigstag. Das freut die Geschäftsleute. Das freut die Spielzeughersteller. Das freut alle, die Geld damit verdienen und alle, die gerne irgendwelche Feste feiern. Für die Spanier bedeutet das nämlich auch, dass sie mindestens zweimal im Winter riesige Familienfeste an Riesentischen veranstalten, die unter dem Gewicht der im Stundentakt erneuerten köstlichen Speisen fast zusammenbrechen.

Deutsche Weihnachtsmärkte im Ausland haben das Qualitätsmerkmal „Sehr gut“ und dass vielleicht nicht nur wegen des Glühwein“dufts“ über dem Gelände.
Auch in Deutschland beginnen manche Weihnachtsmärkte bereits Mitte November. Wann kommt wohl der erste Ganzjahresweihnachtsmarkt mit türkischen, indischen und afrikanischen Händlern im Licht von sonnenbetriebenen Lichterketten, umrahmt von peruanischer Panflötenmusik, die eh schon lange kaum noch von Peruanern vorgeführt wird? Mag sein, dass das nicht mehr lange dauert. Und auch da wäre es möglich, einfach nicht hinzugehen.

Die Zeiten haben sich geändert. Aus Kindern sind Erwachsene geworden  und die Geburt Christi war ja eh kein allein deutsches Phänomen. Ob es bei dessen Geburt in diesem Ministall nach Dominosteinen, Glühwein und Tannennadeln oder gar nach Weihnachtsbraten gerochen hat? Wohl kaum. Stapften die drei Männer, die später zu Heiligen und Königen wurden wohl durch Schnee? Wohl kaum. Und fand das alles tatsächlich im Dezember statt? Wer weiß. Vielleicht.


Lieschen meint also, die Grete sollte ihre Dominosteine ruhig hocherhobenen Hauptes, auch mitten im Oktober kaufen. Und für den Fall, dass sich Supermärkte doch eines Tages wieder an die alten deutschen Traditionen erinnern, ruhig einen Vorrat anlegen, der ihr übers Jahr reicht.




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Donnerstag, 17. Oktober 2013

Lieschen, NEUigkeiten, Verbrennungen und eine Filmweisheit

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 73  ---> guckst du hier 

Das war ja ein informatives Kaffeetrinken am gestrigen Mittwoch. Da hat die Grete also einen untreuen Lover, den sie manchmal heimlich trifft und einen längst vergangenen Rolf, der über allen steht, an dem sie weiterhin hängt und über den sie nix erzählt.

Heimlichkeiten und Geheimnisse sind ja so ne Sache, findet die Liese. Sie selbst hätte da ja keine Lust darauf. Also auf bewusste Geheimnisse. Wenn ihr jemand was unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählen will, dann stoppt sie denjenigen ganz schnell. Geheimnisträgerin möchte das Lieschen nicht sein. Nicht von eigenen Geheimnissen und schon gar nicht von denen anderer. Da ist sie komisch. Geheimnisse haben so eine ganz eigene Kraft. Oft eine zerstörerische, meint sie.

Lieschen weiß gerne, wo sie dran ist. Und gönnt das im günstigsten Fall auch anderen. Erstaunlich genug, dass wenige andere diese Klarheit genauso schätzen wie sie.

Das heißt natürlich nicht, dass das Lieschen alles und jedem erzählt. Besonders schöne Zeiten hat sie auf Reisen erlebt, auf denen die Menschen, denen sie begegnete, nichts von ihr und ihrer Geschichte wussten. Dann fühlte sie sich stets wie ein völlig unbeschriebenes Blatt auf dem lauter komplett Neues Platz hätte. Das liebte sie und mag es auch heute noch sehr. Ganz neue Erlebnisse, die JETZT beginnen und nicht folgerichtig aus Vergangenem resultieren. Jungfräulich und neu. Das findet das Lieschen super. Sie käme nicht auf die Idee besonders lange an Altem festzuhalten. Sie meint, das bindet sie zu sehr. 

Im Alter von Mitte zwanzig hat sie zum Beispiel alle Fotos, die sie besaß und die ihr bis dahin vergangenes Leben repräsentierten in einer Nacht- und Nebelaktion einfach verbrannt. Jedes einzelne hat sie in die Hand genommen, die Gefühle beobachtet, die die Betrachtung in ihr auslösten, es angezündet und in die Feuerschale geworfen. Die Aktion hat viel Zeit in Anspruch genommen, war wirklich anstrengend, aber im Ergebnis sehr befreiend. Alle KinderJugendLoverEreignisfotos waren bald einfach weg und mit ihnen verabschiedeten sich auch die meisten Anhaftungen. Geblieben sind ein paar Erinnerungen, die die Liese aber selten einmal  bewusst aufleben lässt. Im Normalfall kann es sein, dass sie durch etwas Äußeres kurz erinnert wird, wie gestern von der Grete und ihr z.B. diese „Verbrennungsgeschichte“ einfällt. Aber wenn sie erzählt ist, wird sie sie wieder gehen lassen.
Weil das Befreiungsgefühl so schön war, hat das Lieschen in der folgenden Nacht noch alle ihre Zeugnisse und Ausbildungsbescheinungen verbrannt. Sie fand, dass sie auch beruflich frei sein sollte. Und ihr Leben verlief bis jetzt tatsächlich so, dass sie für Jobsuchen und das Geldverdienen niemals mehr nach den Bescheinigungen aus ihrer Vergangenheit gefragt worden ist.


Das gemeinsame Kaffeetrinken von Grete und Lieschen musste gestern ein bisschen früher als gewöhnlich enden. Das Lieschen hatte nämlich noch eine Eintrittskarte für dendiedas(?)  Prewiew des neuen Schweighöferfilms „Frau Ella“. Grete mochte nicht mitkommen also ist das Lieschen alleine zum Kino gehetzt. Besonders gelungen fand sie den Film nicht, aber so wie die Ereignisse im Leben halt üblicherweise zusammen passen, ging es auch dort unter anderem um eine nicht ausgelebte Liebe in jungen Jahren. 
Die alte Frau Ella aus dem Film sagte den Satz, den die Grete unbedingt hören muss, findet das Lieschen, ohne genau zu wissen, wie der Rolf der Grete abhanden gekommen ist. „Im Alter bereut  man nicht das WAS man getan hat, sondern das was man NICHT getan hat.“ 

Lieschen hat für die Grete gleich eine Eintrittskarte gekauft und ihr noch am gleichen Abend in den Briefkasten geworfen. Sie findet, die Grete sollte mindestens die Szene sehen, in der die Frau Ella am Grab von ihrem einst Geliebten stand und ihn dann endlich verabschiedete. Mag sein, dass es früher möglich gewesen wäre, mag sein, dass nicht. 
Und es kann sogar sein, dass der Grete der Film so richtig gut gefällt. Es ging um ganz romantische Liebe. Und das ist ja tatsächlich eher was für die Grete als für die Liese. Unser Lieschen ist ja auch auf diesem Gebiet ein bisschen pragmatisch.





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Mittwoch, 16. Oktober 2013

Lieschen, Firewalls und Reparaturen aus Schutz vor Hysterie

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 72  ---> guckst du hier 

Natürlich hatte das Lieschen schon während Gretes wirren Andeutungen am Telefon verstanden, dass sie von zwei verschiedenen Dingen sprach, beziehungsweise schwieg. Dass der genannte Stefan vermutlich Herrn Heinevetters Neffe ist, hatte sich die Liese schon gedacht. Viagra und Penisverlängerungen kennt sie eh nur von diesen Werbe-Mails und schloss messerscharf, dass der Stefan wegen der Installation einer besseren Computer-Firewall bei der Grete war. Also war die Liese nicht wesentlich gespannter als vorher auch schon, was die Grete wohl am Telefon wiederholt verschwieg und am Mittwoch angeblich erzählen würde. 

Grete und die Männer ist ja so ein Thema für sich. Ob sich der Stefan auch mit menschlichen Firewalls auskennt? Gretes Schutzwall gegen die Männer, die ihr über den Weg laufen funktioniert ja zu gut. Vielleicht könnte er den de-installieren? Oder wenigstens ein bisschen durchlässiger machen? Lieschen lacht laut, während sie sich das vorstellt und beschließt, der Grete, falls sie wieder von „irgendwie war der Gelbeengelfritze ja kein schlechter Typ, ABER …“ erzählen wird, ihr von ihrer Firewalldeinstallationsidee berichten wird. Was die Grete wohl dazu sagt?

Lieschen hat ja kein Problem mit solchen Mails. Ihre Computerfirewall funktioniert 1A. Sie hat ja den Hermann. Wenn mit ihrem Computer irgendwas ist, dann geht sie zu Hermann und sagt „Mist! Der Computer ist schon wieder kaputt! Kannst mir schon mal einen Neuen raussuchen!“ Das funktioniert immer. Je hysterischer sich die Liese in solch einem Fall zeigt, desto besser. Je schriller die Stimme bei der Mitteilung, desto besser. Wenn die Stimme auch noch so nett ist, zu kippen und in die Höhe zu schnellen, rast der Hermann enorm schnell zu Lieschens Computer und repariert die jeweilige Kleinigkeit in Windeseile. Gegen Hysterie ist er allergisch. Hat aber auch in all den Jahren gelernt, sich diesen Anfällen durch rasantes Handeln zu entziehen.

Die Liese macht das nicht extra. Also sie will den Hermann nicht manipulieren. In vielen Fällen kann sie auch ganz in Ruhe zu ihm gehen und ihn um einen bestimmten Gefallen bitten. Aber nicht, oder sagen wir mal fast nie, wenn mit ihrem Computer was ist oder mit anderen Geräten, die einfach nur funktionieren sollen. Dann klinkt sie aus. Kurz wohl. Aber heftig. Sie kann nämlich gar nicht leiden, wenn sie hilflos vor irgendeiner Aufgabe steht, die sie nicht lösen kann. Und technische Sachen kann sie nicht lösen. In die kann sie sich schon gar nicht rein denken, geschweige denn sie lösen.

Nicht ganz so schlimm ist es, wenn die Spülmaschine ihren Dienst versagt. Da nimmt sich die Liese das dreckige Geschirr und spült es halt im Waschbecken mit der Hand. Kein Problem, keine hysterischen Anfälle und kein Bedarf an einer Lichtgeschwindigkeitsreaktion ihres Hermanns. Ähnlich verhält es sich mit vielen Geräten des Haushalts. Für fast alle gibt es eine Alternative, die dem Lieschen im Havariefall sofort einfällt. 

Außer bei ihrem Computer. Mittlerweile hat sie so viele Daten auf dem EINEN Computer, den sie „DEN Apparat“ nennt, gespeichert, dass sie im ersten Moment in Panik verfällt, wenn der Apparat nicht so will wie sie und kurzzeitig seinen Dienst versagt. Sie ist so gewöhnt an die selbstverständliche Benutzung desselben, dass ihr alternative Möglichkeiten wie die Benutzung des Netbooks, das Vergessen dessen, was sie UNBEDINGT noch beantworten, machen oder gucken musste oder die Herrlichkeit eines Spaziergangs an der frischen Luft kaum sofort einfallen.

Hermann ist das bekannt. Er kennt Lieschens Ungeduld an dieser Stelle und bemüht sich meistens mit Erfolg, sie diese Alternativlosigkeit kaum spüren zu lassen. Wie gesagt, nicht nur aus Gründen der Mitmenschlichkeit, sondern hauptsächlich aus Selbstschutz gegen die Auswirkungen von Hysterie in seiner Umgebung. Das sofortige rasante Handeln in einem solchen Fall ist also Hermanns persönliche Firewall. Wollte er die vermarkten, könnte er das leicht. Serienreife hat sie schon.


Lieschen findet es super, dass der Hermann nicht mehr sie ändern möchte, sondern sich einfach gut schützt, wenn sie ist wie ist und sich dementsprechend verhält. Auch wenn das mal unangenehm für ihn ist. 

Dass er während der Reparaturen sehr über die Liese und ihr Verhalten schimpft. Wortreich vermutet, dass sie den Computer MAL WIEDER falsch bedient hat und doziert, dass so was  ja bei korrekter Handhabung keinesfalls passieren könne, überhört das die Liese einfach. Reparaturen (und Beziehungen) kosten halt. Und nicht immer Geld.



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Montag, 14. Oktober 2013

Lieschen und die "Vorsichtshalbers"

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 71  ---> guckst du hier 

Lieschen hat Spaß an dem Bild, das sie sich nach diesem Tagesbericht von der ausgelieferten Grete am Bahnübergang macht. Das Fräulein Grete Meier in den Händen von Männern, die ihr nix zutrauen und sich ein wenig über sie und ihre Situation lustig machen. Herrlich findet das die Liese.
Natürlich hat die Grete, ordentlich und organisiert wie sie nun mal ist, noch niemals das Tanken vergessen. Lieschen weiß, dass die Grete vorsichtshalber schon 100 Kilometer vor der erwarteten Leerung des Tanks tankt. Auch wenn sie dafür teuer bezahlen muss und die Liese in ihrer Sparsamkeit wüsste, dass 50 Kilometer weiter der Sprit ein paar Cent billiger wäre. Das ist der Grete egal. Das hat sie schon oft mit ihr erlebt. „Bloß nicht liegenbleiben und von irgend so einem Dahergelaufenen wegen des leeren Tanks ausgelacht werden. Ne, Lieschen, die Blöße gebe ich mir nicht. Keinesfalls. Ich tanke jetzt. Ist mir egal, was das kostet“ könnte die Liese schon mitsprechen, so oft hat sie das schon aus Gretes Mund gehört.
Und jetzt ist es also passiert. Da haben alle Vorsichtsmaßnahmen nichts genützt. Die „Dahergelaufenen“ lachen, obwohl der Tank voll ist.

Das ist Schicksal, denkt das Lieschen. Oder vielleicht auch einfach eine self-fulfilling prophezy? Oder wie nennt man das, wenn genau das eintrifft, was man vermeiden wollte?
Lieschen kennt das auch. Es gab und gibt einiges, das sie tat und manchmal noch tut, damit etwas Bestimmtes nicht eintritt. Leider denkt sie dann auch jedesmal explizit, dass sie das nun tut, damit dasunddas nicht passiert. Sie definiert also ein Ziel mit dem Zusatz „nicht“. Diese Nicht-Ziele verhalten sich dann aber oft so als wüssten sie nichts von diesem „Nicht“. Ist ne blöde Sache, findet das Lieschen. Also von ihr selbst und von diesem unsichtbaren Gesetz, das für die Anziehung dessen sorgt, auf das man seine Aufmerksamkeit lenkt.

Lieschen z.B. hat von der Großmutter und auch von der Mutter gelernt, jeden Tag frische Unterwäsche anzuziehen und peinlich genau darauf zu achten, dass die Slips nicht ausgeleiert sind oder gar ein Loch haben. Warum? Nicht weil das einfach hygienisch, schön oder sonst was ist. Nein. Weil sie im Falle eines Unfalls oder Unglücks einem Notarzt, Arzt oder Krankenschwestern in gepflegtem, reinlichen Zustand gegenübertreten soll. „Wer weiß, was die sonst von dir denken!“ klingt dem Lieschen noch im Ohr. Auch an dem Tag, an dem sie völlig überraschend einen Notarzt brauchte – und genau zu diesem Zeitpunkt natürlich KEINEN frischen Slip trug und nicht sonderlich gepflegt war, weil sie nämlich gerade aus dem Bett kam und sich nicht bewegen konnte. All die Jahre Vorsicht umsonst. Heute weiß das Lieschen, dass es Notärzten, Ärzten und Krankenschwestern wurscht ist, wenn die Patienten nicht wie aus dem Ei gepellt aussehen und nutzt seitdem die frische Unterwäsche auf dem wunderbar gepflegten Körper einfach so aus Freude – oder eben auch mal nicht. Ob sie das vor einer Krankenhauseinlieferung bewahrt? Unwahrscheinlich. Hat ja auch nichts miteinander zu tun.

Lieschen hat auch schon das ein oder andere Mal das ganze Haus geputzt, weil sie „hohen Besuch“ erwartete, der nicht sehen sollte, dass sie mit dem Haus im Normalfall keinen Schönerwohnen- oder Reinlichkeitspreis gewinnen würde. Jede Ecke hat sie sich vorgenommen. Geschrubbt und gewienert, geräumt und verräumt hat sie. Alles. Bis auf einen Schrank, in den sie alles geräumt hat, für das sie so schnell nicht den richtigen Platz fand und ein Zimmer, das sie ähnlich benutzte. Von beidem nahm sie an, dass es nicht gebraucht, bzw. nicht besichtigt würde. Und? Wie kam es? Die Gäste fragten nach etwas aus dem unaufgeräumten Schrank und brauchten etwas aus dem nicht geputzten Sammelsurium-Zimmer. Und? War das schlimm? Nein! Verständnis oder Garnichtbemerken war das „Schlimmste“, was je in solchem Zusammenhang passiert ist.

Lieschen ist schon viel lockerer geworden. Es gibt schon sehr sehr viel in ihrem Leben, dass sie nicht mehr „vorsichtshalber“ tut, damit das, was ihr unangenehm wäre oder vor dem sie Angst hat nicht eintritt. Oft macht sie gute Erfahrungen, wenn sie es „drauf ankommen lässt“. Was richtig Schlimmes ist noch niemals passiert. Im Gegenteil.


Jetzt muss sie aber Schluss machen mit der „AusdemNähkästchenplauderei“, sagt sie und geht zum Telefon. Sie muss doch noch unbedingt mehr erfahren über diesen Engeltypen im gelben Overall. Ob er der Grete nicht doch ein bisschen gefallen hat? Geschrieben hat sie davon ja nichts. Sie wird sie gezielt fragen müssen. „Ja. Grete, da hilft auch „Liebernichterwähnen“ nix. Ich wills trotzdem wissen“ wird sie sagen und Grete wird vermutlich lachen.




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Lieschen wundert sich nicht die Bohne

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 70  ---> guckst du hier 


Lieschen wundert sich ja nicht die Bohne über saufende Jugendliche. Ist es nicht das, was ihnen von Erwachsenen vorgemacht wird? Kein Fest ohne Alkohol. Alkoholausschank an allen Ecken der Republik. Inhaltsleere nicht nur im Erwachsenenzusammensein? Gelächter statt Ächtung über tagsüber lallende Politiker? Alkoholwerbung, in der das Wort Alkohol nicht einmal vorkommt und in der nur die Fröhlichkeit bebildert wird? Ein Straßenbild, in dem Menschen mit Flaschen in der Hand ganz gewöhnlich sind? Kinder, die es von klein auf gewöhnt sind, an Feiern teilzunehmen, die nicht so sehr durch inhaltliche Fröhlichkeit glänzen, aber selbstverständlich lallende Erwachsene inklusive ihrer Eltern zur Folge haben? Viel zu viele Menschen um sich herum, die Angst vor ihren schlechten Gefühlen haben und die sogenannten guten Gefühle auf ewig konservieren wollen?

Warum das so ist, fragt sich die Liese oft. Ist es nicht so, dass die Welt, in der wir leben, quasi danach schreit, einen Ausgang zu suchen und hoffentlich auch zu finden. Manche Ausgänge sind halt pervers. Gewöhnlich pervers. Und doch verständlich. Wer ehrlich ist und sich die Welt ansieht wie sie sich zeigt, ohne sofort in Wut, Depression, Sehnsucht zu verfallen, sich in die Romanwelten ebenfalls suchender Autoren beamt, die Identität von Fernseh- oder Filmhelden annimmt oder eben einfach regelmäßig zu Entspannung oder allgemeiner Lockerung trinkt oder säuft, kann doch nur verzweifeln? Oder nicht? 

Lieschen weiß, dass diese ihre Kombination der Worte auf Gegenwehr stoßen wird. Und doch traut sie sich, sie in dieser nichtabgemilderten Form aufzuschreiben. Quasi ohne Vernebelungsmittel (wenn man von einer Zigarette einmal absieht). Einfach so. Und sie wird die Gegenwehr ebenso entgegennehmen. Quasi unvernebelt. Nicht weil sie unvernebelt kommen wird, sondern weil sie selbst in mehr als zwanzig Jahren übt, mit einem quasi unvernebeltem klarem Blick zu schauen und zu nehmen, was ihr offeriert wird. Oder eben klar und deutlich abzulehnen, was sie nicht möchte. Gegenwehr mag sie. Solange sie nicht verletzt, stärkt sie. Alle Beteiligten.

Wie wäre es, wenn wir Kindern das Ja- und Neinsagen lehren würden. Durch Vorbild und durch die Tatsache, dass wir ihre Neins akzeptieren und so den Weg zu ihren Jas befreien würden? Wie wäre es, wenn wir Kindern den Weg in ihr eigenes Wesen weisen würden? Wie wäre es, wenn wir selbst das Innen als größeren Maßstab nähmen als das Außen, die Anderen, das Übliche? Wie wäre es, wenn wir sie lehrten, dass sie selbst es sind, die ihr Leben mit Inhalt füllen und zwar gemäß ihrer Eigenarten und Vorlieben? Wie wäre es, wenn wir sie lehrten, auch sogenannte negative Gefühle auszuhalten? Einfach auszuhalten. In dem Bewusstsein, dass sie sich von selbst verabschieden werden, wenn wir ihnen einmal Raum gaben und sie nicht „wegtrinken“, uns sehnsuchtsvoll aus der eigenen Welt beamen oder sie ausagieren?

Ist es nicht so, dass uns die Kinder und Jugendlichen mit ihren Reaktionen auf das, was sie in der Welt antreffen einen Spiegel vorhalten? Hat es schon jemals etwas genützt, den Spiegel zu zerdeppern oder auf ihn einzureden, wenn uns das Bild nicht gefiel, das wir sahen? Wurde das Bild von uns schöner, weil wir dem Spiegel erklärten, dass er so etwas nicht zeigen soll?

Würde es also nützen, wenn auf allen Flaschen mit Alkoholinhalt in Anlehnung an die kommenden „Zigarettenbildchen“ Bilder von kotzenden, schwankenden, prügelnden, sehnsüchtigen, darniederliegenden Menschen ohne Leber (man beachte das Wort, das solche Ähnlichkeit mit dem Wort LebeN hat oder auf einen LebeR, also einen lebendig Lebenden hinweisen könnte), also von AlkoholLEICHEN klebten? Natürlich nicht! Meint die Liese, die sich bei diesem Thema in Rage reden und schreiben kann und es heute auch einmal getan hat.

Wie sähe wohl ein Straßenfest aus, bei dem auf Konsum gänzlich verzichtet würde. Wie wäre es, wenn man dort nichts aber auch gar nichts kaufen könnte? Keine Dinge, keine Speisen, keine Getränke (außer Wasser) und keine äußeren Vergnügungen. Was täten die Menschen miteinander? Was sprächen sie miteinander? Wie verhielten sich Eltern mit ihren Kindern und umgekehrt?  Wie sähe solch ein Fest aus?


Lieschen fände ein solches Experiment einmal interessant. Ob ein solches Straßenfest Besucher rekrutierte? Oder blieben die Anwohner ob der zu erwartenden Langeweile lieber mit einem Bierchen auf dem Sofa vor ihren Fernsehern?





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Sonntag, 13. Oktober 2013

Lieschen, die Welt der Aktivitäten und Hermanns Weisheit

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 69  ---> guckst du hier 

„Wenn alle Menschen alles, was sie an Anderen interessiert, diese sofort fragen würden und die dann selbstverständlich wahrheitsgetreu und ehrlich antworten würden, gäbe es die meisten unsinnigen Aktivitäten in dieser Welt nicht.“ Hermann, der heute zu einem Gespräch aufgelegt zu sein scheint, sagt „So isses Liese“ und erwartet nun eine Fortführung des mit Lieschens  langem Statement begonnen Gesprächs. 
Die wollte aber nur mal ihr Fazit von Gretes Tagesbericht vor sich hin murmeln und Hermann saß zufällig auch am Tisch. Weil der aber nicht locker ließ, ging es weiter. „Wie kommst du darauf?“ „Naja“ sinniert die Liese „wenn die Leute in Gretes Firma nach dem WARUM fragen würden, wüsste die Grete, dass Susi sich verstellt, um Simons Gunst zu erwerben oder zu behalten und könnte sich wieder auf ihre Arbeit konzentrieren. Der Chef wüsste, die Susi will in die Werbeabteilung und könnte zu diesem Wunsch ein klares Ja oder Nein formulieren. Die Susi könnte im Falle eines Jas für zwei Wochen ihre Maskerade bald beenden, denn zwei Wochen sind lang und brächten vermutlich Klarheit. Die Grete hätte ihr Sekretariat weiter für sich und könnte zum Beispiel nur für die paar Stunden, die sie früher gehen möchte eine Telefonvertretung ordern. Und so weiter.“ Hermann lacht. Würde er das Lieschen nicht schon lange kennen und bereits ebenso lange diese Fragerei in ungeklärten Situationen mit ihr üben, hätten ihn ihre Worte vermutlich einfach nur verwirrt, er hätte sich so seine Gedanken gemacht oder auch nicht und wäre zur Tagesordnung übergegangen. Also zu seiner. Aber er fragt. „Hat dir die Grete wieder aus der Firma erzählt?“ „Jaja. Habe ihren Tagesbericht gelesen.“ „Und da steht drin, dass die Leute alle nicht fragen und antworten?“
„Naja. In Nebensätzen und zwischen den Zeilen. Also jedenfalls sprechen alle irgendwie durch die Blume.“ „So wie du jetzt?“ „Naja. Irgendwie ja.“ Lieschen weiß nun auch nicht mehr, was dieser Bericht, ihr Fazit und dieses uneffektiv wirkende Gespräch eigentlich mit ihr und Hermann zu tun haben, erzählt aber dennoch kurz die Fakten aus Gretes Bericht und verschwendet damit die direkte Möglichkeit, das unbewusst begonnene Gespräch bewusst zu beenden.

Hermann ist gut gelaunt und macht sich einen Spaß daraus, Lieschens vor sich hin gemurmelte Überlegungen zu zerfleddern. „Du glaubst doch nicht, dass Gretes und Susis Chef ein klares Ja oder ein klares Nein über seine Lippen bekäme? Was du mir bis jetzt über ihn erzählt hast, deutet doch darauf hin, dass er ein Würstchen ist, dass die Frauen in seiner Umgebung, wahlweise mit Senf oder ohne, aber auf jeden Fall, verspeisen. Die Möglichkeit, dass ER das Theater beendet, in dem er die Susi auf ihren Arbeitsvertrag und ihre Arbeitsplatzbeschreibung verweist und sie selbstverständlich nicht in seiner Firma rum hopsen lässt, wie nur sie es will, ist also doch gleich Null. Oder etwa nicht?“ „Jaja. Null. Haste Recht.“ „Siehste! Ist doch lustig.“ „Wie jetzt? Lustig? Diese heimlichen Botschaften, Deutungen, Bespitzelungen und ihre Folgen nerven doch.  Schon beim Lesen oder hören. Ich würde wahnsinnig, wenn ich damit im realen Arbeitsleben zu tun hätte.“ Hermann amüsiert sich. Er kennt die Liese und heute hat er Spaß an dem, was gemeinhin Gespräch genannt wird. „Ja DU würdest verrückt darüber. Aber weißte was? Du musst da ja auch nicht hin.“ „Gottseidank!“ „Genau! Kannste dankbar für sein.“ Lieschen seufzt und knabbert ein bisschen kindlich weiter an ihren Gurkenscheiben, die ihr Vitamine bringen, den Magen füllen und die Figur sichern. „Du meinst, ich sollte die Erzählung nicht persönlich nehmen und sie einfach nur als Spiel zwischen Menschen verstehen, die halt andere Vorlieben haben als ich?“ „Ja klar. Was sonst?“ „Du bist wie du bist, ich bin wie ich bin und alle anderen sind wie sie nun mal sind. Und jeder spielt sein eigenes Spiel.“ 

„Menschenskinder“ seufzt die Liese und während sie mit Nachdruck den Tisch abräumt, bewundert sie Hermanns Weisheit, die in dieser Situation, die er durch seine hartnäckige Fragerei letztlich selbst hergestellt hat, prima zur Geltung kommt.

Hätte sie selbst den Bericht von der Grete „fazitlos“ gelesen und adacta gelegt, schließlich gab es ja keine Frage oder Aufforderung an sie darin, oder hätte sie den Tisch sofort nach ihrem ausgesprochenen Fazit verlassen, hätte sie sich selbst auch weise nennen können. Doch so musste sie erkennen, dass die Gründe und Ursachen für unsinnige Aktivitäten wohl noch vielfältiger und vielschichtiger sind als im Eingangssatz angenommen.

Die Frage, ob es wohl überhaupt sinnvolle Aktivitäten gibt und ob überhaupt irgendetwas los wäre in dieser Welt, wenn die Menschen, einschließlich ihrer selbst, nicht dermaßen verpeilt wären wie sie es nun mal sind, stellte sie klugerweise nicht mehr.


„Nimm mich, dich, die Menschen und Situationen so wie sie sind. Das ist das Klügste. Aber das weißt du ja selbst“ avancierte somit zu Hermanns Abschlussstatement. Dass es den Abschluss bildete erkannte Lieschen daran, dass Hermann aufstand und den Raum verließ. Über die Frage, was er wohl jetzt vorhabe, dachte sie nicht nach. Diesmal nicht.




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