Sonntag, 20. Oktober 2013

Lieschen rollt mit der Fragenlawine

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 75  ---> guckst du hier 

Das Lieschen lacht und wischt sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. So sehr hat sie sich über Gretes Kunst-Besuchs-Bericht amüsiert. Und gerührt ist sie auch ein bisschen. Weil die Grete so lieb über das farblose Etwas schrieb, dass die Liese ihr einst „hergestellt“  hat.

Das Lieschen nennt nämlich das was sie tut selten beim richtigen Namen. Malen mag sie für ihre Art des Farbeauftragens auf Leinwände kaum sagen. Das hielte sie für Größenwahn und könnte sehr gut verstehen, wenn jemand vor ihren Bildern stünde und sagte: „Ach guck: Farbe!“ Mehr isses ja nicht, würde sie auch sagen und mit „Jau!“ bestätigen. Oder ist es doch mehr und die Grete hat Recht, dass Farben und auch Nichtfarben doch mit dem Betrachter sprechen können?

Was ist überhaupt Kunst? Was im Leben ist wirklich eine Kunst? Ist es nicht vielmehr so, dass die Geschichten, die wir um die Dinge machen, sie erhöhen oder erniedrigen? Sie wertlos oder wertvoll werden lassen? Lieschen kennt sich eigentlich nicht aus. Sie würde sich total langweilen, wenn sie mehrere Stunden Kreuze in unterschiedlichen Farben ansehen müsste und sie würde sich noch mehr langweilen, wenn sie dauernd Kreuze auf unterschiedlich große Leinwände malen müsste. Tagaus, tagein nur Kreuze. „Nenene“, sagt sie, „sowas ist nix für mich.“ Und das will sie auch niemandem antun.

Andererseits findet sie witzig, was manche einfach machen, ausstellen und dann tatsächlich auch verkaufen. Udo Lindenbergs Likörbilder z.B. findet sie lustig. Naja eigentlich ist es die Geschichte die sie lustig findet. Jahrelanges Suchen nach der geeigneten Rezeptur, der haltbaren Alkoholmischung. Die Idee ist gut, meint sie. Fast so gut wie Gretes Nagellack und Wimperntuschemalereiidee. Nur für die gäbe es vielleicht nicht die künstlerische Anerkennung? Oder doch? Wäre es nur eine Frage der Werbung? Eine Frage der Geschichte, die drum herum gebastelt wird? Eine Frage der klugen Nutzung der Medien? Oder steckt hinter dem, was „Kunstkenner“ GUT nennen, mehr? Mehr Geist, mehr Spirit? Oder ist es nur Alkohol, Nagellack oder Wimperntusche auf Leinwand?

Ähnlich ist es ja mit dem Schreiben. Preise werden ja gerne für Ungewöhnliches und oft auch Unverständliches verliehen. Je unverständlicher desto Kunst? Je mehr Kunst desto GUT?
Auch in der Literatur verwenden die „Macher“, die Künstler ja nur Wörter. Wörter, die jedem von uns zur Verfügung stehen. Sie sortieren sie halt auf ihre Art. Welche Art ist Kunst? Welche Art der Wortsortierung ist Literatur und welche ist einfach nur Geschreibsel? Lieschen weiß das nicht. Sie muss sich auch in dieser Hinsicht auf Experten verlassen und fragt sich doch auch da immer wieder, wie die wohl Experten geworden sind und ob es tatsächlich objektive Maßstäbe für solche Kategorien gibt.

Kleiderfabrikanten, Kleiderzeichner und Markennamensgeber könnten Designer genannt werden. Sind das Künstler? Was unterscheidet Herrn Joop und seine Produkte von Else XY, die aus einem Stück Stoff ein schönes Kleid herstellt? Mit der Firma Joop hat der Mann nix mehr zu tun und Stoffe anfassen und Schnitte machen kann er nicht. Und doch ist er ein interessanter Typ und Lieschen hört ihm gerne zu, wenn er spricht und sieht gerne wie er sich bewegt und denkt. Und dann wieder spricht. Manchmal meint sie, er ringt um die richtige Einstellung, um die passenden Worte, um das was vielleicht die Wahrheit ist.

Vielleicht ist das ein Merkmal für einen Künstler? Vielleicht geht es um die Wahrheit in der Kunst? Das Suchen, Entdecken und Ringen um die Wahrheit während der Herstellung von Etwas? Ist das ein Merkmal von Kunst? Ist das vielleicht das, was sich durch das Produkt transportiert? Ein Fitzelchen einer vom Künstler im Moment der Erschaffung entdeckten und in Form gebrachten Wahrheit? Mag sein, dass das etwas ist, das Dinge zu Werken macht und Zeugs zu Kunst. Oder ist das alles Unsinn?  

Gretes „Kreuzbericht“ hat beim Lieschen eine Fragenlawine angestoßen, die offensichtlich noch rollt und vielleicht niemals auf echte Antworten treffen wird.

„Vielleicht sollte ich mich künstlerisch auf Antwortsuche begeben“ denkt sie, steht auf, schnappt sich eine Leinwand, öffnet die Farbtöpfe und hofft inständig, dass die Antwort nicht aus jeder Menge Kreuzen besteht.




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7 Kommentare:

  1. Kunst ist dehnbar und der Geschmack unterschiedlich. Wenn ein bekannter Künstler Kleckse fabriziert, dann ist es anspruchsvoll und bringt viel Geld. Beim Schreiben ist es ähnlich. Wenn ich eine Biografie von mir veröffentliche, dann liest sie wohl kaum jemand, aber wenn unser Bobbele sich offenbart, sind die Auflagen riesig. Ich sehe bei facebook wie Autoren sich bemühen, mit vermutlich geringem Erfolg. Wichtig ist authentisch zu bleiben. Ich selber verspüre keinerlei Neid und bin zufrieden mit meiner eigenen Kleckserei, denn ich bin mein eigener Herr und habe keinen Druck. Lieschens Bilder sprechen ihre Sprach und ich/wir müssen nicht jedes Wort verstehen. Mir gefallen sie mit einem lieben Gruß Geli

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  2. Liebe Brigitta,
    Lieschens Bericht war wirklich zum Kichern. Wie über den Geschmack,so kann man auch über die Kunst streiten. Ich kann mit diesem modernen Gemale nichts anfangen. Auch nicht mit der modernen Literatur. Und mit der Fäkaliensprache schon gar nicht. Vielleicht liegt das am Alter.
    Dein Bild, das du für Grete gmalt hast, gefällt mir sehr gut.
    Einen schönen Sonntagabend wünscht Dir
    Irmi

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  3. Wieder mal gut weitergedacht! Den Ansatz mit der Suche find ich gar nicht so verkehrt. Aber ich bin wohl kein Experte...
    Liebe Grüße
    Christiane

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  4. Ja meine Liebe, das hatte grete ein einmaliges Erlebnis, ich kann direkt nachfühlen, mir ist das auch schon so ergangen. Kunst liegt im Auge des Betrachters. Dein Bild gefällt mir gut.

    Liebe Grüße
    Angelika

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  5. Guten Morgen!
    Auf der Suche nach einem Bild fürs neue zu Hause hatten wir in einer Galerie eine schöne große Leinwand entdeckt, wo mit wenigen Pinselstrichen ganz puristisch etwas dargestellt war - und mehrere tausend Euro kostete!!!
    Vielleicht sollte ich eines aus Makeup, Wimperntusche und Rouge-Resten malen, das wär doch mal was...
    liebe Grüße, Petra

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  6. Hallo, ich schau mich mal bei dir um, wenn ich darf.
    Und klink mich ein ... Dein Post klingt schon mal seeeeehr interessant.

    Danke für dein *Gucken* bei mir.
    <3lichst grüßt dich Gisa

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Herzlichen Dank für Euer Interesse und die den Blog so sehr bereichernden Kommentare!
Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))