Montag, 4. November 2013

Lieschen und die Gewissens-Frage(n)

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 84  ---> guckst du hier  

Natürlich hat die Grete Recht. Jeder Mensch muss sein Leben so leben wie es ihm entspricht. Das hat sie gestern beim gemeinsamen Ausflug immer wieder gesagt und Lieschen hat das bestätigt. Natürlich. Reinen Gewissens möchte sich die Grete im Spiegel begegnen können. Das hat sie mit viel Nachdruck gesagt und das Lieschen hat es dann auf sich beruhen lassen. Für den Moment. Am Abend hat sie aber immer wieder einmal über diese Sache mit dem Gewissen nachgedacht. Sie weiß nicht wirklich, was ein gutes oder ein schlechtes Gewissen ist und wie das zustande kommt. Woran richtet sich das denn aus? An den eigenen Normen und Werten oder an denen der anderen, der Gesellschaft oder der Nachbarschaft.

Wenn Lieschen zum Club der Autofahrgegner gehören würde. Wenn sie aus Überzeugung, aus Gründen des Umweltschutzes oder welchen Gründen auch immer, Autofahren grundsätzlich ablehnen würde und diesen gestrigen Ausflug mit Grete aber gemacht und auch noch genossen hätte, so wie sie es ja tat, müsste sie wohl trotz der Freude ein schlechtes Gewissen haben. Denkt sie. Oder doch nicht? Würde es einen Unterschied machen, ob die „Clubmitglieder“ vom Autoausflug erführen oder sie es heimlich einfach gemacht hätte? Wonach richtet sich so ein Gewissen?

Die Grete hilft den Menschen in der Nachbarschaft ja gerne. Das Lieschen eigentlich auch. Die Liese weiß nur oft nicht, was wirklich eine Hilfe wäre. Ist es für den alten Nachbarn eine Hilfe, dass man ihm alle Arbeiten und Handlungen abnimmt oder wäre es ihm eine Hilfe, ihn in dem zu unterstützen, was er selbst noch kann? Auch wenn das Geduld erfordert und von den anderen Nachbarn als unterlassene Hilfeleistung bewertet würde? An was würde sich Lieschens Gewissen orientieren? An der Bewertung der Nachbarn, des alten Mannes oder ihrer eigenen, die Grenzüberschreitungen als „schlecht“ und respektvollen Abstand als „gut“ bezeichnet?

Was macht so ein Gewissen, wenn es sich zwischen verschiedenen Bewertungen entscheiden muss? Denn entscheiden müssen wir uns ja immer. So ein Gewissen ist da ja nicht besser dran. Meint das Lieschen, das sich während des Abends immer weiter in das gedankliche Gewissens-Problem hinein „spiralisiert“. Wo mag sie wohl auskommen? Was, so fragt sie sich auf dem Weg, ist wohl der Ursprung eines Gewissens? Und wofür ist das eigentlich gut? Oder ist es schlecht? Ist es gut ein gutes Gewissen zu haben und ist es wirklich schlecht ein schlechtes Gewissen zu haben? Oder könnte ein gutes Gewissen auch schlecht sein, weil es einen vielleicht in einer Sicherheit wiegt, die trügerisch ist und ein schlechtes Gewissen könnte vielleicht gut sein, weil die zugrunde liegende Handlung einen Menschen vielleicht zu viel Freude geführt hat, die er beim Bemühen ein gutes Gewissen zu erhalten niemals erfahren hätte?

Auf was fußt dieses ominöse Gewissen? Und aus welchem Grund wollen wir Menschen immer das „schlechte“ vermeiden und das „gute“ haben?
Ob ein schlechtes Gewissen krank macht? Das, was zu dieser Art Gewissen geführt hätte, aber durchaus gesund gewesen wäre? Und ob ein gutes Gewissen automatisch gesund erhält? Oder ist auch das völlig Zusammenhanglos?

Lieschen kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis und unterlässt es diesmal auch, ihren Hermann mit ihren Überlegungen zu belästigen. Obwohl ihr seine Gedanken zu von ihr aufgeworfenen Themen oftmals Futter liefern, das ihr gefällt. Aber es ist Abend und Hermann hat zu tun. In seinem eigenen Universum. Angekündigt. Kein Problem, beschließt die Liese und unterlässt, wie gesagt, die Störung. Und das nicht nur, um seinen Unmut über eine Störung zu verhindern. Nein. Sie möchte auch ein reines Gewissen behalten. Oder macht sie sich da etwas vor?


Lieschen belässt es bei der Frage an sich selbst. Geht ihr aber nicht mehr aktiv nach. Stattdessen macht sie es sich gemütlich und summt. In ihrem Bett. So wie heute mit der Grete in deren Auto, das sie noch Wagen nennt und das das Autochen nun ersetzt. Sie summt und summt und summt … und schläft darüber ein. Im Traum dann ist die Liese mittendrin in diesem Balkonsingereispektakel, von dem die Grete gelesen und erzählt hatte. Ob sie zu den Gewinnerinnen gehörte, erfährt die Liese nicht mehr. Denn mittendrin klopft der Hermann an die Tür und berichtet ihr von irgendeiner Kleinigkeit, die er trotz Versprechen zu tun vergessen hatte und nun doch noch erledigt hat. „Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen als es mir einfiel“ sagte er zum verschlafenen Lieschen „und damit wollte ich den Tag natürlich nicht beenden.“





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2 Kommentare:

  1. So ein Gewissen kann eine feine Sache sein, kann aber auch ziemlich belasten. Meines schlägt schnell an und ich habe dann ein schlechtes Gewissen lach. Mache mir einen Kopf wegen gar nichts. Aber Hermann finde ich richtig lieb, auch das er das Lieschen weckt. Am Abend muss alles ausgeräumt sein, damit man träumen kann. Geli

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  2. Lieschen,
    "ein reines Gewissen, ist ein sanftes Ruhekissen."
    Was bedeutet das denn? Machen wir uns unser Gewissen selbst?
    Ich frage es mich so oft. Was kann ich mit meinem Gewissen verein-
    baren was nicht? Es sind immer wiederkehrende Fragen. Jeder muss
    es für sich selbst und ganz allein entscheiden.
    Und oft sagt man es auch nur so dahin. Muss man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man etwas vergißt?
    Einen schönen Abend wünscht Dir
    Irmi

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Herzlichen Dank für Euer Interesse und die den Blog so sehr bereichernden Kommentare!
Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))