Samstag, 19. Oktober 2013

Lieschen empfiehlt die Anlage eines Vorrats

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 74  ---> guckst du hier 

Lieschen ist das ja völlig egal, was wann in welchen Supermärkten verkauft wird. Sie findet, Osterhasen schmecken im Normalfall genauso wie Weihnachtsmänner und umgekehrt.
„Ist doch egal, in welcher Verpackung die Schokolade daher kommt“ sagt sie oft zu der Grete, die ihrerseits auf der Vermutung besteht, dass das Auge mit isst und alles seine Zeit hat. „Ein Weihnachtsmann, Liese,  das kannste mir glauben, schmeckt definitiv nach Winter und Gemütlichkeit. Außerdem riecht er nach Tannennadeln und Kaminfeuer. Während ein Osterhase natürlich nach Osterglocken und Maiglöckchen riecht und dementsprechend natürlich nach Frühling, Aufbruch und kommendem Sommer schmeckt.“ Wenn Lieschen dann ein wenig die Nase rümpft, was sie jedes Mal tut, wenn die Grete mit dieser Theorie ankommt, dann dreht die sich gewöhnlich ein wenig weg und sagt „ach du hast ja keine Ahnung Lieschen, du erinnerst dich einfach nicht mehr. Viel zu lange schon isst du solch wunderbare Dinge ja nicht mehr.“ Das stimmt natürlich. Dem Lieschen ist es völlig egal, wann die Sachen verkauft werden, sie kauft sie zu keiner Jahreszeit und schreibt sie auch niemals auf Hermanns Einkaufszettel.

Sie weiß auch schon lange nichts davon, dass zum Weihnachtsfest der  Schnee gehört und es an Ostern eigentlich nicht heiß sein darf. Viel zu oft hat sie die Weihnachtszeit in wärmeren Gefilden verbracht und Ostern extrem schwitzend im Bikini. Und doch weiß sie natürlich von den Sehnsüchten einiger Deutscher im wärmeren Süden nach dem Weihnachten ihrer bereits viele Jahrzehnte vergangenen Kindheit. Sie hat ansonsten ziemlich patente Menschen im strahlenden spanischen Sonnenschein Weihnachtssterne basteln, Glühwein trinken und deutsche Weihnachtsbäume kaufen gesehen. 
Lieschen hat ja einige Jahre inklusive aller Weihnachtsfeste in Spanien verbracht und über die Zeit die veränderten Bedingungen und Gewohnheiten auch der Spanier beobachtet. Mit dem Einzug von Lidl in Spanien kamen auch der Weihnachtsstollen und die Dominosteine, auch schon im Oktober. Durch den persönlichen Einsatz und die Geschäftstüchtigkeit einiger Deutscher flogen deutsche Weihnachtsbäume in der Enge ihrer Netzverpackungen in sonnige Gefilde oder lagerten tagelang im Rumpf eines Riesenschiffes, um dann in Wohnzimmern oder Gärten kurz Platz zu nehmen, die eigentlich für rote Weihnachtssterne und mediterrane Pflanzen gemacht wurden.

Spanier feiern das Weihnachtsfest eigentlich nicht am „Heiligen Abend“. Schon eh und je brachten die „Heiligen drei Könige“ die Geschenke. Am Meer mit dem Schiff. Aber weil sich ja in dieser mittlerweile buntgemischten Welt kein Brauch mehr unverwässert hält bekommen viele spanische Kinder heutzutage zweimal innerhalb kürzester Zeit Geschenke. Am Heiligabend und am Dreikönigstag. Das freut die Geschäftsleute. Das freut die Spielzeughersteller. Das freut alle, die Geld damit verdienen und alle, die gerne irgendwelche Feste feiern. Für die Spanier bedeutet das nämlich auch, dass sie mindestens zweimal im Winter riesige Familienfeste an Riesentischen veranstalten, die unter dem Gewicht der im Stundentakt erneuerten köstlichen Speisen fast zusammenbrechen.

Deutsche Weihnachtsmärkte im Ausland haben das Qualitätsmerkmal „Sehr gut“ und dass vielleicht nicht nur wegen des Glühwein“dufts“ über dem Gelände.
Auch in Deutschland beginnen manche Weihnachtsmärkte bereits Mitte November. Wann kommt wohl der erste Ganzjahresweihnachtsmarkt mit türkischen, indischen und afrikanischen Händlern im Licht von sonnenbetriebenen Lichterketten, umrahmt von peruanischer Panflötenmusik, die eh schon lange kaum noch von Peruanern vorgeführt wird? Mag sein, dass das nicht mehr lange dauert. Und auch da wäre es möglich, einfach nicht hinzugehen.

Die Zeiten haben sich geändert. Aus Kindern sind Erwachsene geworden  und die Geburt Christi war ja eh kein allein deutsches Phänomen. Ob es bei dessen Geburt in diesem Ministall nach Dominosteinen, Glühwein und Tannennadeln oder gar nach Weihnachtsbraten gerochen hat? Wohl kaum. Stapften die drei Männer, die später zu Heiligen und Königen wurden wohl durch Schnee? Wohl kaum. Und fand das alles tatsächlich im Dezember statt? Wer weiß. Vielleicht.


Lieschen meint also, die Grete sollte ihre Dominosteine ruhig hocherhobenen Hauptes, auch mitten im Oktober kaufen. Und für den Fall, dass sich Supermärkte doch eines Tages wieder an die alten deutschen Traditionen erinnern, ruhig einen Vorrat anlegen, der ihr übers Jahr reicht.




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5 Kommentare:

  1. wieder richtig interessant zu lesen - auch die Info über Spanien. Das war bestimmt eine interessante Zeit.
    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende
    lieber Gruß von Heidi-Trollspecht :-)

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  2. Brigitta, das hast du wieder ganz toll geschrieben. Auf der einen Seite wird darüber geklagt, dass Weihnachten zum Kommerz verödet, auf der anderen Seite leisten wir dem doch Vorschub, indem wir bereits Mitte September das Zeug kaufen.
    Seit ich allein bin, habe ich meist einen Weihnachtsurlaub gemacht. In ein Hotel gehe ich nicht mehr - da kannste besser zu Haue bleiben.
    Ich habe Flusskreuzfahren gemacht, zweimal Passau-Budapest und einmal Köln-Amsterdam. Da wirst du nicht den ganzen Tag berieselt und siehst noch was. es ist schön, wenn man am Aben in seiner Kabine sitzt und das Lichtermeer der Städte gleitet vorüber. Und ich bleibe zudem in unseren Breiten. Weihnachten in Wärme und Sonne kann ich mir nicht vorstellen. Aber jede/r soll nach ihrer/seiner Facon
    selig werden, oder? Und die übrig gebliebenen Hasen werden sowieso zu Weihnachtsmännern und umgekehrt verarbeitet. Man kann also bald den spezifischen Duft nicht mehr wahrnehmen.
    Einen schönen, sonnigen Samstag wünscht Dir
    Irmi

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  3. Wieder ein sehr interessanter Post. Jetzt muss ich noch mal schnell zu Grete ich dachte Du hättest dieses nachsommerliche Gebäck und Süßkram massig gekauft, das eigentlich erst nach dem "Totensonntag" in die Regale wandern sollte und dann für die Adventszeit, also Adventsgebäck. Tja und wenn ich meine Freundinnen so sehe in Florida bei 30°C und mit Dominosteine aus Deutschland ihren Nachmittagskaffee im Oktober genießen, dann sind das einfach noch Süßwaren mit würzigem Aroma.
    Dir ein wunderschönes Wochenende und liebe Grüße
    Ingrid

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  4. Toll geschrieben liebe Brigitta, die Traditionen sind ein wenig ins Wanken geraten und Wiehnachtslecker gibts ab ende September und der Osterhast steht im Januar im Regal. Die Händer freuen sich und haben nur ihren Gewinn im Sinn. Doch es ist ein wenig schade, die Traditionen waren sehr schön. Haben wir nicht ab den 1. Dez. hingebungsvoll das erste Türchen geöffnet? Und der blankgeputze Stiefel bekam sein erstes Weihnachtslecker?
    Ich halte mich lieber daran und kaufe kein Lecker, doch mein Mann hat auch zugegriffen. So macht es jeder wie er mag.

    Liebe Wochenendgrüße
    Angelika

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  5. Hallo Brigitta,
    dann musst Du nach Rothenburg ob der Tauber zu "Käthe Wohlfahrt" fahren. Der Weihnachtsmarkt ist dort ganzjährig geöffnet. Ich habe nie begriffen, wieso meiner eigenen Familie so etwas mitten im Sommer oder sonstwie abseits des Weihnachtsfestes gefällt.

    Gruß Dieter

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