Sonntag, 6. Oktober 2013

Lieschen hat viele Fragen und kaum Antworten

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 65  ---> guckst du hier 

Lieschen versteht die Welt auch nicht. Wofür mag dieses flächendeckend verteilte Leid nützlich sein? Und was tun angesichts der Katastrophen dieser Welt?

Das Lieschen meint, die Grete hat es richtig gemacht. Sie ist spazieren gegangen und sie hat die Spatzen entdeckt. Spatzen die das haben wollen, was der andere hat. Krieg um ein bestimmtes Stück Brot obwohl es in der Nähe genug zum friedlichen Sattwerden gäbe. Krieg obwohl der Frieden da wäre. In den Spatzen, in der Grete, möglicherweise auch in den Flüchtlingen, die dieses schreckliche Schicksal erlitten und womöglich auch in den Menschen, denen das Teilen so schwer fällt.

Lieschen weiß nicht, ob Methode hinter den „Unglücken“ der Flüchtlingsschiffe steckt. Kann sich das aber vorstellen. Die Gesetze sagen, dass ein Flüchtling nur in dem Land um Asyl bitten darf, in dem er gelandet ist. Das heißt, dass er, sollte er an Land ankommen, dort und nur dort aufgenommen werden muss oder eben auch nicht. Wenn ein Land sagt, es hätte keinen Platz für weitere Menschen, für Fremde, für Nichteinheimische, dann wird es Wege finden, sie zurückzuschicken. Oder aber sie gar nicht an Land kommen zu lassen?

So ein Land besteht ja aus Menschen. Und Menschen sind seltsam. Das hat die Liese in all den Jahren, die sie auf dieser Welt umherwandert, durch Selbstversuch und Selbstbeobachtung herausgefunden.

Auch in Deutschland werden die Asylanten quasi flächendeckend nicht gemocht. Bürgerinitiativen gegen den Bau von Heimstätten für Menschen, die ein neues Zuhause brauchen. Bürger, die nichts Fremdes in ihrer Nähe haben wollen. Menschen, die Menschen ablehnen. Die gleichen Menschen, die sagen „helfen müssen wir natürlich. Helfen sollten wir. Aber eben nicht genau hier. Nicht so nah.“ Sind das auch die Menschen die vor dem Fernseher sitzen, sich die Bilder von Lampedusa ansehen, sich das Leid zum Greifen nah ins Haus holen, zu Recht weinen wegen dieser Katastrophe und dann sagen, die Politik muss was unternehmen?

Lieschen fragt sich oft, ob sie das Leid eines anderen ein wenig lindern kann. Ob sie bereit ist, zugunsten eines anderen auf ein bisschen zu verzichten.  In manchen winzig kleinen Fällen ist sie es. Doch was würde sie entscheiden, was würde sie sagen und tun, wenn man sie fragen würde, ob sie einen Afrikaner, eine Afrikanerin oder eine afrikanische Familie aufnehmen wollte? Für immer. Damit die es besser haben als vorher. Damit sie gleiche Chancen bekommen wie sie sie hat?

Was hätte sie damals in der Hitlerzeit getan, wenn sie da gelebt hätte, einen Juden gekannt hätte und begriffen hätte, was mit ihm geschieht, wenn sie ihn nicht versteckt? Hätte sie den Mut aufgebracht? Hätte sie sich selbst in Gefahr gebracht, um einen anderen aus der Gefahr zu holen?
Es ist so leicht, das Leid der Welt zu beklagen, die anderen, die Politik, die Staaten und wen auch immer, aufzufordern, etwas zu tun. Und es ist so schwer, selbst etwas zu unternehmen, das einen selbst viel kostet.

Leid ist auf der Erde flächendeckend verteilt. Und Lieschen selbst leidet leider oft mit. Sie erträgt die Nachricht eines solchen Unglücks genauso schwer wie das Leid, das sie um sich herum sieht. Die Krankheiten, die Arbeitslosigkeiten, die Hoffnungslosigkeiten, die Familienkriege, die Fehden, die Kämpfe und diesen flächendeckend verteilten Schmerz, der offensichtlich zu einem Erdenleben dazugehört wie das leise Glück, das sich Gottseidank ebenso oft den Weg zu den Menschen bahnt und entdeckt werden will.

Lieschen weiß nicht, was in all diesen schrecklichen Fällen zu tun ist. Was sie weiß ist, dass es den Leidenden nicht hilft, wenn sie auch leidet. Dem Ertrinkenden kann nur der Mensch helfen, der einen festen Stand an Land hat. Um den bemüht sich die Liese. Und manchmal streckt sie den Arm aus. Immer dann, wenn sie fest steht.




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9 Kommentare:

  1. Was wäre wenn, wie oft frage ich mich das, aber ich bin kein Held, nur ein schwacher kleiner Mensch mit Kanten und Ecken. Das Leben ist nicht immer gerecht, aber man kann versuchen ein wenig Leid zu mindern. Nicht weggucken, sondern auch mal zupacken. LG Geli

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  2. Sehr schöne Gedanken!
    Ich komm ja leider in den letzten Tagen kaum zum lesen hier - muss noch einige Post nachholen...
    Liebe Grüße
    Christiane

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    1. Danke schön ... + stress dich nicht mit dem Nachholen ... sie gehen ja nicht verloren, die Posts! :-)))

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  3. Hallo Brigitta,
    ich habe einmal einen Post über eine Bettlerin geschrieben, die wahrscheinlich eine Sinti oder Roma gewesen ist. Wie Armut oder auch Flüchtlinge zu bewerten ist, ist extrem schwierig. Dieses Flüchtlingsdrama geht mit derzeit oft durch den Kopf. Wenn der Staat total humanitär handeln würde und alles, was auf der Flucht ist, in unser Land hereinließe, wäre der Staat irgendwann handlungsunfähig.. Daher müssen Grenzen und Mauern aufgebaut werden. Was richtig und angemessen ist, ist für die Verantwortlichen ein schwieriger Spagat.

    Gruß Dieter

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  4. Hallo Brigitta, erst einmal ♥ lichen Dank für deinen netten Kommentar.

    Ja das Leid auf der Welt zu lindern wäre schön überall ist Elend , Not und Krieg. Ich mag schon keine Nachrichten mehr sehen. Aber wohin mit all den Flüchtlingen? Ein schwieriges Thema.

    Liebe Grüße
    Angelika

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  5. Lieschen hat viele Fragen und ich kann gut verstehen, dass Antworten oft ausbleiben müssen.
    Flächendeckend verteiltes Leid – es scheint so unsinnig.
    Allein was die Versorgung mit Nahrung angeht, ist die ungerechte Verteilung schon ein riesiges Problem. Der Welthandel wird von den Industrieländern dominiert, die dann noch dazu beitragen, dass die eh schon armen Länder ausgebeutet werden.
    Kriege, politische und religiöse Verfolgungen tun ihr Übriges, dass das Elend nicht aufhört, sondern immer irgendwo neuen Zündstoff findet.
    Durch die Globalisierung, das näher Zusammenrücken und die Darstellung in den Medien lässt sich das Elend nicht mehr verstecken. Man muss hinschauen.
    Die Frage ist nur, was fängt man damit an – außer einem zeitbegrenzten „Mitleiden“?
    Natürlich sind die Politiker gefragt. Aber das kann doch nicht alles sein.
    Lösungsansätze umzusetzen, zu verwirklichen, das dauert lange. Eine Änderung muss in den Köpfen von allen erfolgen.
    Daher finde ich Lieschens Fragen auch so wichtig. Jeder muss sie sich immer wieder stellen.
    Was sind wir selber bereit zu tun und zu geben, wie kann ein persönlicher Beitrag aussehen?
    Auch hier gibt es leid und Elend und da kann man ansetzen, auch schon Kinder erziehen, nicht wegzuschauen, ab und an mal zu teilen.
    Jeder wird nicken, aber wie sieht die Praxis aus?
    Oft beruhigt man sein Gewissen mit Spenden zu bestimmten Zeiten wie Weihnachten. Dann muss man das Elend nicht sehen.

    Unbegrenzte Einwanderung in ein Land ist sicher nicht möglich.
    Wo aber fängt es an, dass man sagt: Stopp...
    Letztlich ist es natürlich wichtig, langfristig dafür zu sorgen, dass in den Elendsländern die Verhältnisse sich ändern.
    Da dies aber nicht einfach möglich ist und es immer Elend und Not geben wird, muss man – wie Lieschen sagt – helfende Hände ausstrecken wann immer es möglich ist.
    Denn ist es nicht so, dass uns das leben auch immer wieder die hand ausstreckt, nach der wir greifen können?

    Lieder habe ich auch nur weitere Fragen und keine Lösungen.
    Die Hilflosigkeit ist doch sehr groß. Ja: Klagen ist leicht, selber tun oft so schwer.

    Ein Beitrag, der mal wieder aufwühlt, Denkanstöße gibt und innehalten lässt.

    Lieben Gruß
    Enya

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  6. Ach Lieschen, es ist so schwer, all die Fragen beantwortet zu bekommen, die wir an das Leben stellen. Fragen zu all dem Leid, den Sorgen, der Arbeitslosigkeit - und auch zu dem Unglück von Lampedusa. Sie suchten Schutz und fanden den Tod. Aber hätten wir was unternehmen können? Können wir - jeder einzelne von uns - etwas dazu beitragen, diese Not und das Leid zu lindern? Es wird bei Versuchen bleiben.
    Dein Artikel hat mich aufgerüttelt und zum Nachdenken gebracht. Danke dafür.
    Einen schönen Restabend wünscht dir
    Irmi

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  7. Ich fühle mich sehr hilflos und auch überfordert von diesem Thema und dem Leid allgemein, welches auf dieser Welt herrscht.
    Ich weiß keine Antwortd darauf und habe auch keinen plan, wie man das ändern könnte.
    Ich weiß nur eines, daß ich für mich halt im Kleinen helfen will und auch manchmal kann.
    Aber oft sitze ich vor dem Fernseher und bin selber über mich entsetzt, mit welchem Gleichmut ich mir diese trostlosen Meldungen von Flüchtlingen, Hunger und Leid überall in den fernen Ländern ansehen kann. Es lässt mich nicht kalt, aber machtlos in meinen Gedanken zurück.
    Liebe Grüße
    Jutta

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Herzlichen Dank für Euer Interesse und die den Blog so sehr bereichernden Kommentare!
Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))