„Tja“ denkt das Lieschen als sie Gretes Überlegungen zu Mr.
Google und den Möglichkeiten, die „er“ uns heutzutage bietet, zu Ende gelesen
hat. Die Liese nutzt das Internet mit allem was es bietet ja noch gar nicht so
lange wie so manch anderer. Erst seit ein paar Jahren. Vielleicht vier. Mehr
wohl kaum. Sie hatte auch eine gute Zeit bevor sie ihren Computer fast den
ganzen Tag mindestens auf standby geschaltet hatte. Sie war viel mehr an der
frischen Luft und der Körper war auch beweglicher, muskulöser und fitter. Ob
sie wirklich weniger wusste? Mag sein. Ob das schlechter war? Wer weiß. Heute
erfährt sie mehr als früher. Es war komplizierter in die Bücherei zu gehen und
sich ein Buch mit Fakten zu suchen, die sie meinte zu brauchen. Heute googelt
sie rasch, was sie wissen will und nimmt es ungenauer auf als damals, als sie Informationen
noch in Bücher suchen musste und viele Zusatzinfos natürlich nicht fand.
Früher
hat sie auch öfter mal ihren Hermann nach Wissen gefragt, das ihr fehlte.
Hermann weiß nämlich viel. Und aus ihren Fragen und Antworten haben sich oft
Gespräche entwickelt, die für beide Seiten bereichernd waren. Fakten und
Meinungen mischten sich und ergaben so wunderbar neuen Gesprächsstoff.
Heute ersetzt das schnelle Googeln oft die reale Frage,
führt einen auch zu vielen Meinungen in Blogs oder auf persönlichen Websites,
bietet einem in Kommentaren die Meinungen vieler anderer und frisst in der
Annahme, sich mitten in einer „menschlichen“ Diskussion zu befinden, jede Menge
Zeit.
Lieschen hat oft das Gefühl, einem Thema differenziert auf den Grund
gehen zu wollen. Das hatte sie schon in den Vorinternetzeiten und dafür
brauchte sie Bücher, Kopien, Zeit, Muße, ihre Fähigkeit zu denken und andere
Menschen. Reale. Sie erfuhr weniger, hatte aber auch oft das Gefühl, alles
getan zu haben, was möglich war, in Bezug auf die Auseinandersetzung mit dem
gewählten Thema. Heute ist in der wahnsinnigen Fülle von verfügbaren Fakten,
Meinungen und zugänglichen Wörtern zu den einzelnen Themen kaum noch ein „Fertig“
möglich. Immer hat sie das Gefühl, hinter der nächsten Ecke, hinter dem
nächsten Link befindet sich DIE Info, die ihr noch fehlt, um wirklich ein
rundes Bild zu bekommen.
Das Vertrauen, das sie „von selbst“ genau das erfährt, was
sie wissen muss, wenn sie es wissen muss, ist in dieser Schnelligkeit und
überfließenden Informations- und Meinungsfülle beinahe abhanden gekommen. Die
Gewissheit, dass sie das, was sie eben nicht weiß oder erfährt, auch nicht
wissen muss, ist schon beinahe verschwunden.
Lieschen ist kurz davor, sich dieser Informationsflut, in
der sie kaum noch entscheiden kann, was Fakten sind und was phantasiertes Zeugs
, Vermutungen oder nur Willenserklärungen sind, zu entziehen. Manchmal, selten
wohl, aber manchmal eben, schaltet sie
ihren Computer einfach einen halben Tag lang nicht an und hält aus, dass sie
manches nicht oder nicht sofort erfährt. So wie früher, wenn sie das Telefon
einfach ausgestöpselt hat, wenn sie ihre Ruhe wollte. Nix hat sie dadurch verpasst.
Wer wirklich eine wichtige Nachricht oder ein wichtiges Anliegen hatte, hat sie
erreicht. Immer. Nix Wichtiges ist dabei unter die Räder gekommen.
Dass das „Stöpselziehen“ etwas ist, das ihr schwierig
geworden ist, beunruhigt sie. So wie sie gestrickt ist, wird sie eines Tages,
ihren Computer mitsamt diesem ominösen Mr. Google und seinen gesammelten Links
in den Schrank räumen und seine Existenz ignorieren. Oder doch nicht? „Vielleicht
nicht heute“ sagt sie mitten hinein in ihre Überlegungen. „Vielleicht fange ich
erst einmal mit regelmäßigen kurzen Entzügen an. Ein, zwei Tage Finger weg vom
Anschaltknopf.“ Sie meint, dass der kalte Entzug zu viel für sie wäre. Jetzt
jedenfalls. Morgen sieht das vielleicht anders aus.
Wie wohl andere Menschen das handhaben. Gibt es schon
Kliniken für „Mr.GoogleInternetinfoJunkies“? Wenn ja, wo und wie sind die
Erfahrungen? Lieschen schraubt sich statt einer klaren Entscheidung, die ihr
mindestens das Überschwemmen der Küche wie bei Grete verhindern würde, in die
Fragen rund um diese spezielle neuzeitliche Sucht und ihre
Heilungsmöglichkeiten. Das erscheint ihr im Moment sehr interessant und sie ist
froh, dass sie sicher ganz leicht Antworten finden wird. Herr Google sei Dank.
Morgen wird sie den Computer aber einmal ausgeschaltet
lassen.
Den ganzen Tag! Ganz bestimmt! Das könnt ihr glauben!
Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel:
Lieschen spricht mir im Moment aus der Seele, mir wird das auch zu viel und ich habe das Gefühl, es macht mich krank. Jeder erwartet etwas will, dass ich beim ihm lese hier bei facebook oder an anderer Stelle. Mit dem Handy bin ich immer zu erreichen. Vermutlich nehme ich es mit ins Grab, um auch dort noch erreichbar zu sein.
AntwortenLöschenIch mag diese schnell Zeit auch nicht mehr und sehne mich nach früher zurück, dabei habe ich es selber in der Hand, aber es ist diese Sucht etwas zu verpassen, nicht dabei zu sein. Viele merken es gar nicht mehr, was um sie herum passiert, ob es regnet oder die Sonne scheint. Es ist traurig.... und ich ändere auch nichts.
Diesen Blog hier lese ich allerdings gern, ob Grete oder Liese, sie halten mir oft einen Spiegel vor, was mir gefällt.
Ein "fertig" gibt´s nicht mehr, das Wörtchen ist Geschichte.
AntwortenLöschenDas Internet zu nutzen (im wahrsten Wortsinn) bedeutet eben viel mehr, als Maus & Tastatur im Griff zu haben...
Liebe Grüße
Christiane
Jetzt ist mein Kommentar doch glatt verschwunden.
AntwortenLöschenIch versuche es noch einmal:
Ich versuche es noch einmal:
Ich habe auch schon einige Pausen gemacht. Aber nach einiger Zeift
fehlt was, und wir schauen wieder bei dem Zeitrauber, Mr. Google, rein.
Und ich würde die Possts von Grete und Lieschen niemals versäumen.
Liebe Abendgrüße schickt dir
Irmi
O, wie ich mich in Lieschen und ihren Gedanken wiederfinde!
AntwortenLöschenJa, man hat etwas gewonnen durch Mr. Google und das Internet, aber auch etwas verloren. Lieschen beschreibt es sehr gut.
Alles wissen zu wollen, überall dabei und informiert sein zu müssen - wie viel davon ist denn wirklich nötig oder besser. sinnvoll und gut?
Dass sich aus diversen Links in bestimmten Foren dann Diskussionen entwickeln, hat vielleicht den Vorteil, dass Gedanken noch mal angestoßen werden. Reale Diskussionen sind es aber oft nicht, weil vieles eben zeitversetzt stattfindet. dann muss man wieder viel lesen, der eigene Gedanke spielt vielleicht schon keine Rolle mehr.
Für mich ist es manchmal auch bedauerlich, dass meine eigenen Gedanken durch das Springen von Link zu Link gar nicht mehr bemüht werden oder zum Zuge kommen. Ich bediene mich bei fertig servierten Ansichten und Meinungen. Und ob man die immer hinterfragt?
Nein, es gibt kein "Fertig" und das ist bedauerlich. Dieses Gefühl, sich bemüht und nötiges Wissen angeeignet und durchdacht zu haben, war früher eigentlich immer ein schönes. Ich mochte sie irgendwie, die Zeiten in der Bibliothek, dann den lebendigen Austausch mit Gleichgesinnten oder auch Andersdenkenden...
Ich finde schon, dass dies ein wenig verloren gegangen ist.
Außerdem - das habe ich auch schon bei Grete angemerkt - geht es mir oft so, dass ich mich verzettle, wenn ich im Netz durch die Infos hechte und den Kernpunkt aus den Augen verliere.
Es gehört Disziplin dazu, das Internet und da auch google sinnvoll zu nutzen. (Wo ist meine Nase...ich fasse mich gerade an dieselbe....)
Ein "kalter Entzug"? Tja, wohl kaum möglich.
Ein langsames Ausschleichen halte ich aber auch für schwierig.
Es ist nicht mehr wegzudenken, das Netz mit all seinen Infos.
Ich gehe öfter raus, laufe durch meine Stadt, im Sommer setze ich mich ins Café und manchmal ergeben sich interessante Gespräche. Das genieße ich.
Aber man gewöhnt sich doch sehr schnell...Erst war es der Fernseher,der uns die Welt näher brachte, nun das Internet. Ich frage mich, ob ich früher wirklich unwissender war als heute.
Ich glaube nicht. Das Wissen war gefilterter, gezielter und haftete auch besser.
Verständlich, dass Lieschen ihre Entscheidung aufschiebt, aber so ein klein wenig mal pausieren, das tut einfach gut.
Lieben Abendgruß
Enya
Ach ja das Lieschen spricht mir aus der Seele. Was waren das für schöne Zeite, als ich was im Büchern nachgeschlagen habe. Heute wird nur noch gegoogelt.
AntwortenLöschenAb und an mal den Pc aus zu lassen eine schöne Alternative und bestimmt auch wichtig. Ohne dem gehts auch.
Liebe Grüße und einen schönen Abend
Angelika