Nachdem das Lieschen den ersten Schreck darüber überwunden
hat, dass die Grete haarscharf an einem möglichen Stromschlag vorbei
geschrabbelt ist, amüsiert sie sich über Grete und deren Erlebnisse am
Sonntagabend. Selbst ist sie stets ratzfatz mit Hilfestellungen für Hinz und
Kunz dabei und wenn sie mal Hilfe bräuchte, fragt sie nicht. Jedenfalls nicht
sofort. Wie oft schon hat das Lieschen Berichte darüber gehört, dass die Grete stundenlang
an irgendetwas rumgedoktort hat, obwohl es jemanden in ihrer Nähe gab oder
gegeben hätte, dem es ein Leichtes gewesen wäre, das Gewünschte in kürzester
Zeit für sie zu erledigen. Aber Handwerker und Computerspezialisten sind halt
nicht automatisch auch Hellseher. Das kommt in deren Ausbildung ja auch gar
nicht vor.
Und dann das Thema mit den Männern. Lieschen findet so einen
Mann im Haushalt ja enorm praktisch. Allerdings ist es selten so wie die
Grete sich das vorstellt, wenn sie im Havariefall den Mann im Haus vermisst. „Die
Axt im Haus“ ersetzt selten automatisch den „Zimmermann“. So eine „Axt“
will ja auch gefragt werden. Jedenfalls ist das Lieschens Erfahrung. Und
manchmal hat die „Axt“ gerade anderes zu tun oder hat keine Lust und stellt
sich taub oder repariert wohl, aber natürlich nicht dann wenn Frau das will.
Und Lieschen wollte früher immer alles sofort. Und genau nach ihren
Vorstellungen. Also haargenau nach ihren Vorstellungen. Das ist selten gut
gegangen.
Vor dem Hermann hat das Lieschen mit einem Schreiner
zusammen gelebt. „Uih“ hat sie zu Beginn der Beziehung gedacht, „das wird super.
Nach und nach werden wir lauter schöne und praktische Möbel bekommen. Herrlich!“
Sie hatte Bilder von passgenau eingebauten Möbelstücken. Sie stellte sich die
Wohnung völlig ohne „verschenkte Räume“ vor. Sie freute sich und hatte im
Grunde die Bewerbung für den nächsten Wettbewerb in „Schöner Wohnen“ bereits
fertig formuliert und quasi schon im Briefkasten. Gottseidank noch nicht
wirklich, denn sie musste lernen, dass ihre Euphorie verfrüht war und die
überlieferte „Weisheit“, dass ein Schuster oft die schlechtesten Schuhe trägt, vermutlich
wahr ist.
Alle. Wirklich alle anderen, die Möbel bei Lieschens Schreinerfreund
bestellten, bekamen sie. Manche zahlten gut dafür und manche fragten einfach
geschickt. Viel geschickter als das Lieschen. Die sagte nämlich zum Beispiel „wir
brauchen … unbedingt! Bald …“. Während andere Damen erst einmal deutlich
machten, wie besonders bewundernswert ein Mann mit solch handwerklichen Fähigkeiten
ist. Das half schon einmal sehr. Wenn sie dann noch deutlich herausstellten,
dass sie das, was sie brauchten, leider, leider gar nicht herstellen oder
bezahlen könnten, wuchsen ihre Chancen sehr. Je weniger die Frauen sich
bemühten, selbst handwerklich geschickt zu werden, desto fröhlicher und lieber
hat „Lieschens Axt“ in deren Häusern für „Klarschiff“ gesorgt. Damals hat das
die Liese wahnsinnig gemacht. Heute ist sie froh über die Erfahrung, aus der
sie im Laufe der Zeit eine Menge gelernt hat. Und damit meint sie nicht nur die
korrekte Handhabung eines Akkuschraubers, die Kenntnis verschiedener
Holzeigenschaften und die Tatsache, dass sie weiß, was Kantenbrechen ist und
das auch kann.
Heute ist sie ein großer Fan von Aufgabenteilung, weiß zu
schätzen, dass der Hermann andere Dinge kann als sie und vor allem hat sie das
offene Fragen und Bitten gelernt. Wenn Hermann eine Aufgabe übernommen hat, „darf“
er die machen, wann ER will und „muss“ sie nicht erledigen, wann das Lieschen
meint, dass es richtig wäre, es zu tun. Auch mit einem Nein kommt die Liese
mittlerweile sehr gut zurecht. Das heißt aber nicht, dass sie ihren Wunsch dann
unbedingt aufgibt. Es kann sein, dass die Aufgabe in der Folge ein externer
Handwerker erledigt oder sie Hermann nach seinen Wünschen und Bedingungen
fragt. Manchmal tauscht sie Gefallen gegen Gefallen. Ganz explizit. Verhandeln kann das Lieschen mittlerweile prima und auch der
Hermann mag das mit den Jahren immer mehr. Klarheit hilft und verhindert eine
Menge „böses Blut“ .
Wäre das Lieschen in Gretes Sonntagabendsituation und der
Hermann zu Hause gewesen, hätte er vermutlich sofort das Wasser abgestellt, den
Fehler entdeckt und die halbe Nacht im Internet Preise für Durchlauferhitzer
verglichen. Mit Gretes Satz „Morgen früh brauche ich UNBEDINGT warmes Wasser …
ungeduscht geht GAR NICHT“ wäre die Liese sicher nicht durchgekommen, hätte es
aber auch gar nicht versucht. Irgendetwas wäre ihr schon eingefallen, um die
Ungeduschtheit optisch zu kaschieren oder sie hätte halt auf dem Weg kurz im
Schwimmbad angehalten.
Mag sein, das die Grete mit ihrem Herrn Heber im Haus und einer Wohnung ganz für sich besser dran als das Lieschen. Mag sein, dass Lieses Situation die bessere ist. Wer weiß das schon?
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Wer weiß das schon und wer ist eigentlich immer Hinz und Kunz, von denen so oft im Leben die Rede ist? Ein Schreiner als Ehemann puhhh, da habe ich viel zu kombinieren. Lieschen ist völllig anders als die Grete und das mancht die Blogs, die Diskussionen so interessant.
AntwortenLöschenHier kann ich wieder mal heftig nicken. Lieschens Erfahrung habe ich auch gemacht. Ein Mann, der alles kann (anscheinend), bewundernswert, aber man muss ihn eben lassen...Er macht, wann er es möchte und vor allem auch wie...
AntwortenLöschenPrima finde ich das sich Ergänzen, denn jeder hat irgendetwas, das er besonders gut hinbekommt. Klar, zuweilen ist verhandeln nötig, man kann aber auch lernen voneinander.
Für vieles gibt es auch eine Lösung, wenn das Übliche mal nicht funktioniert. Hier kann Grete sicher von Lieschen etwas abschauen.
Und kleine Katastrophen machen das Leben spannend. Das ist aber nur in meinen Gedanken, ein kleiner Wunschtraum....
Mich bringen leider auch oft Kleinigkeiten aus dem Konzept und wenn was nicht funktioniert, lege ich schon mal eine Nachtschicht ein.
Ich glaube, dass es wichtig ist,seine eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, sich etwas zuzutrauen, aber auch die eigenen Grenzen zu erkennen. Dann könnte es doch im Miteinander prima funktionieren. Egal ob mit Mann im Haus oder mit dem Nachbarn.
Welche Situation hier die bessere sein mag, diese Frage muss sich dann vielleicht gar nicht stellen.
Wieder ein prima Teil aus Lieschens Erfahrungsschatz.
Lieben Gruß
Enya