Montag, 22. Juli 2013

Lieschens Liebe zu der Vielfalt

Über Sex im Ramadan weiß das Lieschen leider nix Genaues. Aber über Religionen und Kulturen weiß sie eigentlich viel. Sie liebt Kirchenglocken und auch rufende Muezzins. Sie mag den Kulturen- und Religionenmix in Deutschland. Manchmal bleibt sie in der Straßenbahn über ihr Ziel hinaus sitzen, weil sie es so mag, die vielen ausländisch aussehenden Menschen zu beobachten. Vermutlich sind die meisten Deutsche, sehen aber halt nicht so aus, wie Deutsche mal zuverlässig aussahen. Oder irrt sie sich da?

Wie in deutschen Großstadtstraßenbahnen muss es wohl beim Turmbau zu Babel zugegangen sein. Obwohl sie wahrscheinlich damals in diesen vielen Sprachen vermutlich noch live miteinander gesprochen haben. Heute sprechen ja viele in mobile Computer, die auch zum Telefonieren geeignet sind. Auch wenn sie in der gleichen Bahn sitzen. 
Lieschen mag diese Geräuschkulisse und dieses fremdländische Flair. Oft denkt sie sich Geschichten zu den Bahnfahrern und Innen aus. Oder sie lässt sich in Gespräche verwickeln, in denen sie meistens viel erfährt. Über die Menschen, andere Kulturen, Religionen, regelmäßige Feste, von denen sie bis dahin noch nie etwas gehört hat und geglückte oder auch missglückte Integration, die ja heutzutage anders heißt, aber wohl nichts anderes ist.

Neulich war unser Lieschen in einer der vornehmsten Städte Deutschlands. Sie hat dort eines dieser Seminare besucht, von denen sie der Grete besser keine Einzelheiten erzählt, weil die sonst vielleicht wieder mit Wäscheklammer auf den Lippen um ihren Computer läuft. Baden Baden. Kurhaus. 
Ein bisschen Schiss hatte die Liese vor diesem Ort. Sie hat sich einen Auflauf schönster Menschen in reichster Kleidung und ein Ambiente vorgestellt, in dem sie sich wie der Elefant im Porzellanladen bewegen würde. Vorsichtshalber hatte sie sich ihre beste Kleidung eingepackt. Zu sehr auffallen wollte sie ja doch nicht.
Und was war sie erstaunt als sie das schöne Städtchen erreichte. In wunderschönem Ambiente, das sogar unser Lieschen vertrug, fand sie dort neben den russisch beschrifteten Geschäften, in denen ein Pullöverchen so viel kostete wie die Liese in ihrem ganzen Leben niemals verbrauchen könnte, auch Billigbäckereien, Eineuroläden und die üblichen Chinarestaurants mit dem Mittagsmenü. Den hauptsächlich schwarzen Limousinen entstiegen Menschen in perfekter Kleidung und mischten sich unter die Touristen, die sich den Ort mal in Freizeitkleidung betrachten wollten,  auffallend vielen Frauen in Burkas und einer Menge anderer Menschen unterschiedlicher Herkunft und vermutlich auch Religion. 

Lieschen mochte auch die stillen Spaziergänge in den Anlagen um das Miniaturflüsschen Os, bei denen sie neben den flanierenden Geldmenschen, regelmäßig die nach Mekka ausgerichteten Burkafrauen auf der Wiese beobachten konnte. Hat halt jeder seine eigene Religion. Die einen so und die anderen so. Sie mag die Vielfalt. Von der wird sie dem Fräulein am Mittwoch noch mehr erzählen und ihr auch ein bisschen Mut machen, den Eido auf die offene Frage doch selbst noch einmal anzusprechen. "Nur Mut" wird sie sagen "Grete, nur Mut!".






3 Kommentare:

  1. Wieder einmal so schön auf den Punkt gebracht und nun habe ich die Seite abonniert, damit ich nichs verpasse. Ich musste beim Lesen grinsen, die Erwartungshaltung ist immer so groß und dann wird nur mit Wasser gekocht.
    Toll Gruß Geli

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Hier auch noch einmal DANKE!!!

    Diesmal speziell fürs "Toll" und fürs Abonnieren.

    Grinsen beim Lesen ist ein prima Resultat, finde ich ...

    lieben Gruß
    Brigitta

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Herzlichen Dank für Euer Interesse und die den Blog so sehr bereichernden Kommentare!
Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))