Montag, 12. August 2013

Lieschen und das Lernen

(Die "Antwort"  zu Post Nr. 27 von "Fräulein Grete Meier" -> Klick:)

Lieschen lernt gerne. Aber sie hat auch Glück. Seit vielen Jahren darf sie sich aussuchen, was sie lernen möchte. Nicht so wie die Grete, die zu Seminaren geschickt wird, die sie nicht so dolle interessieren und zu denen sie eigentlich keinen Bezug hat.

Lieschen interessiert sich erst mal für „alles“, hört sich viel an und filtert dann das heraus, was sie gebrauchen kann. Darauf kommt es doch an? Oder nicht? Hermann sagt "Ja" und lernt die Funktionsweisen von Vergasern Motoren und vielem anderen, in dem er sie auseinander- und wieder zusammen baut.

Interesse ist es doch, dass einem hilft, Schulungsinhalte aufzunehmen, in sich zu bewegen und möglicherweise im praktischen Alltag anzuwenden. Das sagt auch der Herr Precht. Der neue Robin Hood der Schulkinder. Er will die Kinder in ihrem eigenen Rhythmus lernen lassen. Ihnen eigene Verantwortungen lassen und ihre Kreativität beim Lernen einbeziehen. Das findet die Liese super. 

Sie hat nämlich viel Mitleid mit den Kindern der Nachbarschaft. Wenn sie sie am Nachmittag mit hängenden Schultern und viel zu schweren Ranzen aus der Schule kommen sieht, möchte sie ihnen am liebsten die Taschen von den Schultern reißen und alle zu Spielen und Sein in der Natur einladen. Aber nein. Die Hausaufgaben müssen gemacht werden. Irgendwelche anderen Unterrichte müssen besucht werden. Pläne sollen erfüllt werden und die Mütter sorgen zwischen ihren Nervenzusammenbrüchen dafür, dass kein Kind ausbricht. Schließlich müssen die Noten gut werden, hört das Lieschen von überall. Für die Zukunft. Was soll sonst aus dem Kind werden?

Ja. Denkt dann die Liese. Was soll aus so einem Kind werden? Aus einem Kind, das nur was WERDEN soll, aber jetzt nicht einfach SEIN darf? Zwang und Angst haben ja bislang noch weder  Interesse noch eigene Ideen hervorgebracht? Oder doch?

Raum für eigene Ideen wünscht sie den Kindern von heute. Zeit wünscht sie ihnen. Sie hätten so viele Möglichkeiten, ihren Interessen entsprechend an Informationen zu gelangen und sie einfach und lernend anzuwenden. Das könnte jetzt in  ihnen so viel Freude und Erfüllung wecken, dass es sie sicher und vertrauensvoll in die eigene Zukunft tragen könnte.

Lieschen hat von einem Schüler gehört, der bis er 15 war keiner sein musste, der nur seinen Interessen nachgehen durfte und der es geschafft hat mit einem sehr kurzen Schulbesuch von nur einem halben Jahr den Realschulabschluß zu machen. Der Junge hatte Lernen gelernt, musste keinen Widerstand leisten und macht ihr einen sehr lebendigen Eindruck.

Lieschen wünscht auch der Grete, dass sie sich Seminare aussuchen kann, die sie wirklich interessieren und in ihren eigenen Augen für ihre Persönlichkeitsentwicklung und den Job sinnvoll sind. Was würde sie dann wohl lernen wollen?


Oder wäre es wichtiger den Chef mal in ein Seminar zu schicken, in dem er lernt, besser zu lügen oder vielleicht gar einfach NEIN zu sagen, wenn er keine Lust zu etwas hat?




5 Kommentare:

  1. Beim heutigen Thema spüre ich unendlich viele Erinnerungen an meine Lernphasen, obwohl lernen wirklich Spaß machen kann und den Herrn Precht finde ich oft auch ganz gut - er schreibt schlaue Dinge, die sich jeden anziehen kann. Ja, was soll nur aus den Kindern werden, die heute schon einen Terminplaner in der Grundschule brauchen, denn Freizeit im Grünen, Dämme bauen, Räuber und Gendarm spielen, sind nur noch Nostalgie. Tja, muss man lügen lernen.... Viele saugen das mit der Muttermilch auf.
    Toller Text und ein lieber Gruß von Geli

    AntwortenLöschen
  2. Danke, liebe Geli

    Recht hast du. Wir hatten es als Kinder, die noch viel Zeit an der frischen Luft verbringen durften/konnten/wollten und nachmittags frei hatten, echt gut.

    Danke dir!
    lieben Gruß
    Brigitta

    AntwortenLöschen
  3. Dies sind Gedanken von Lieschen, die mich sehr berühren, tangieren, da ich ja in diesem verrückten System Schule mit Kindern arbeite.
    Eigentlich stimme ich ihr bedingungslos zu.
    Kinder werden verbogen, in eine Rolle gezwängt, die sie vielleicht gar nicht tragen und übernehmen können. Vom Wollen will ich gar nicht reden.
    Der Leistungsdruck der Gesellschaft macht also auch vor unseren Kindern nicht Halt und Schule soll ja für die Gesellschaft tauglich machen, ja, ihren Bestand sichern und die Interessen, die dahinter stehen.
    Jetzt werde ich mal etwas bissig: Wo kämen wir hin, wenn eine Generation herangezogen würde, die dies all ins Wanken bringen könnte?
    Eltern beugen sich diesem Druck, geben ihn weiter und statt Werten, die dem Menschlichen dienen, werden Durchsetzungsvermögen und Kampfwille vermittelt – leider auch auf Kosten von anderen.
    Vom eigenen Selbst gar nicht zu reden.
    Interessen entwickeln (nicht aufgezwungen bekommen), diese zu entfalten und ja: einfach SEIN zu dürfen, Zeit zu haben, dem nachzuspüren, was in einem ist, Kind sein zu dürfen...da ist vieles verloren gegangen.

    Ich will aber dennoch nicht zu schwarz sehen. Es bewegt sich etwas und nicht nur bei Herrn Precht. Die Problematik scheint in vielen Köpfen angekommen zu sein (ich sehe es nur an den sich ständig verändernden Bildungsstandards, die zum Glück das individuelle Lernen und auch das Lernen an sich zu lernen in den Fokus rücken).Allerdings stehen diese Ideen oft im luftleeren Raum, da die Ressourcen fehlen. Wie ein solch individuelles Lernen ermöglichen, wenn in den Schulen die Räumlichkeiten, das Personal, die Materialien fehlen?
    In den Grundschulen ist man da teilweise schon recht weit, aber dann, in den weiterführenden Schulen ist alles beim Alten.

    Ich kann nur hoffen, dass sich Lieschens Wünsche diesbezüglich irgendwann realisieren.
    Sie selber hat ihren Weg gefunden, lernt das, was sie möchte, ist Neuem gegenüber aufgeschlossen und kann filtern, sich das aneignen, was sie weiterbringt und – auch wichtig, was sie zufrieden macht. Das ist doch sehr schön.

    Liebe Grüße
    Enya

    AntwortenLöschen
  4. Ja. Enya. Das System ist gruselig und ich habe auch echt großes Mitgefühl mit euch Lehrern, die in diesem Wahnsinn zwischen den Stühlen stehen.

    Eben habe ich ein kurzes Video zum Thema entdeckt, das vielleicht (sehr überspitzt) ein wenig erklärt, warum sich trotz guter Ideen und erkannter Veränderungsnotwenigkeiten nichts ändert.

    Erneut ganz herzlichen Dank für deine weiterführenden Gedanken zum Thema ...

    lieben Gruß
    Brigitta

    AntwortenLöschen
  5. *lach ... hier ist der Link zum Video

    http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=YJyQp-20SGs

    AntwortenLöschen

Herzlichen Dank für Euer Interesse und die den Blog so sehr bereichernden Kommentare!
Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))