Das Lieschen lacht und wischt sich mit dem Handrücken die
Tränen aus den Augen. So sehr hat sie sich über Gretes Kunst-Besuchs-Bericht
amüsiert. Und gerührt ist sie auch ein bisschen. Weil die Grete so lieb über
das farblose Etwas schrieb, dass die Liese ihr einst „hergestellt“ hat.
Das Lieschen nennt nämlich das was sie tut selten beim
richtigen Namen. Malen mag sie für ihre Art des Farbeauftragens auf Leinwände
kaum sagen. Das hielte sie für Größenwahn und könnte sehr gut verstehen, wenn
jemand vor ihren Bildern stünde und sagte: „Ach guck: Farbe!“ Mehr isses ja
nicht, würde sie auch sagen und mit „Jau!“ bestätigen. Oder ist es doch mehr
und die Grete hat Recht, dass Farben und auch Nichtfarben doch mit dem
Betrachter sprechen können?
Was ist überhaupt Kunst? Was im Leben ist wirklich eine
Kunst? Ist es nicht vielmehr so, dass die Geschichten, die wir um die Dinge
machen, sie erhöhen oder erniedrigen? Sie wertlos oder wertvoll werden lassen?
Lieschen kennt sich eigentlich nicht aus. Sie würde sich total langweilen, wenn
sie mehrere Stunden Kreuze in unterschiedlichen Farben ansehen müsste und sie
würde sich noch mehr langweilen, wenn sie dauernd Kreuze auf unterschiedlich große
Leinwände malen müsste. Tagaus, tagein nur Kreuze. „Nenene“, sagt sie, „sowas
ist nix für mich.“ Und das will sie auch niemandem antun.
Andererseits findet sie witzig, was manche einfach machen,
ausstellen und dann tatsächlich auch verkaufen. Udo Lindenbergs Likörbilder z.B.
findet sie lustig. Naja eigentlich ist es die Geschichte die sie lustig findet.
Jahrelanges Suchen nach der geeigneten Rezeptur, der haltbaren Alkoholmischung.
Die Idee ist gut, meint sie. Fast so gut wie Gretes Nagellack und
Wimperntuschemalereiidee. Nur für die gäbe es vielleicht nicht die
künstlerische Anerkennung? Oder doch? Wäre es nur eine Frage der Werbung? Eine
Frage der Geschichte, die drum herum gebastelt wird? Eine Frage der klugen Nutzung
der Medien? Oder steckt hinter dem, was „Kunstkenner“ GUT nennen, mehr? Mehr
Geist, mehr Spirit? Oder ist es nur Alkohol, Nagellack oder Wimperntusche auf
Leinwand?
Ähnlich ist es ja mit dem Schreiben. Preise werden ja gerne
für Ungewöhnliches und oft auch Unverständliches verliehen. Je unverständlicher
desto Kunst? Je mehr Kunst desto GUT?
Auch in der Literatur verwenden die „Macher“, die Künstler
ja nur Wörter. Wörter, die jedem von uns zur Verfügung stehen. Sie sortieren
sie halt auf ihre Art. Welche Art ist Kunst? Welche Art der Wortsortierung ist
Literatur und welche ist einfach nur Geschreibsel? Lieschen weiß das nicht. Sie
muss sich auch in dieser Hinsicht auf Experten verlassen und fragt sich doch
auch da immer wieder, wie die wohl Experten geworden sind und ob es tatsächlich
objektive Maßstäbe für solche Kategorien gibt.
Kleiderfabrikanten, Kleiderzeichner und Markennamensgeber
könnten Designer genannt werden. Sind das Künstler? Was unterscheidet Herrn
Joop und seine Produkte von Else XY, die aus einem Stück Stoff ein schönes
Kleid herstellt? Mit der Firma Joop hat der Mann nix mehr zu tun und Stoffe
anfassen und Schnitte machen kann er nicht. Und doch ist er ein interessanter
Typ und Lieschen hört ihm gerne zu, wenn er spricht und sieht gerne wie er sich
bewegt und denkt. Und dann wieder spricht. Manchmal meint sie, er ringt um die
richtige Einstellung, um die passenden Worte, um das was vielleicht die
Wahrheit ist.
Vielleicht ist das ein Merkmal für einen Künstler?
Vielleicht geht es um die Wahrheit in der Kunst? Das Suchen, Entdecken und
Ringen um die Wahrheit während der Herstellung von Etwas? Ist das ein Merkmal
von Kunst? Ist das vielleicht das, was sich durch das Produkt transportiert?
Ein Fitzelchen einer vom Künstler im Moment der Erschaffung entdeckten und in
Form gebrachten Wahrheit? Mag sein, dass das etwas ist, das Dinge zu Werken
macht und Zeugs zu Kunst. Oder ist das alles Unsinn?
Gretes „Kreuzbericht“ hat beim Lieschen eine
Fragenlawine angestoßen, die offensichtlich noch rollt und vielleicht niemals auf echte Antworten treffen wird.
„Vielleicht sollte ich mich künstlerisch auf Antwortsuche begeben“
denkt sie, steht auf, schnappt sich eine Leinwand, öffnet die Farbtöpfe und
hofft inständig, dass die Antwort nicht aus jeder Menge Kreuzen besteht.
Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel:
Kunst ist dehnbar und der Geschmack unterschiedlich. Wenn ein bekannter Künstler Kleckse fabriziert, dann ist es anspruchsvoll und bringt viel Geld. Beim Schreiben ist es ähnlich. Wenn ich eine Biografie von mir veröffentliche, dann liest sie wohl kaum jemand, aber wenn unser Bobbele sich offenbart, sind die Auflagen riesig. Ich sehe bei facebook wie Autoren sich bemühen, mit vermutlich geringem Erfolg. Wichtig ist authentisch zu bleiben. Ich selber verspüre keinerlei Neid und bin zufrieden mit meiner eigenen Kleckserei, denn ich bin mein eigener Herr und habe keinen Druck. Lieschens Bilder sprechen ihre Sprach und ich/wir müssen nicht jedes Wort verstehen. Mir gefallen sie mit einem lieben Gruß Geli
AntwortenLöschenLiebe Brigitta,
AntwortenLöschenLieschens Bericht war wirklich zum Kichern. Wie über den Geschmack,so kann man auch über die Kunst streiten. Ich kann mit diesem modernen Gemale nichts anfangen. Auch nicht mit der modernen Literatur. Und mit der Fäkaliensprache schon gar nicht. Vielleicht liegt das am Alter.
Dein Bild, das du für Grete gmalt hast, gefällt mir sehr gut.
Einen schönen Sonntagabend wünscht Dir
Irmi
Wieder mal gut weitergedacht! Den Ansatz mit der Suche find ich gar nicht so verkehrt. Aber ich bin wohl kein Experte...
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Christiane
Ja meine Liebe, das hatte grete ein einmaliges Erlebnis, ich kann direkt nachfühlen, mir ist das auch schon so ergangen. Kunst liegt im Auge des Betrachters. Dein Bild gefällt mir gut.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Angelika
Guten Morgen!
AntwortenLöschenAuf der Suche nach einem Bild fürs neue zu Hause hatten wir in einer Galerie eine schöne große Leinwand entdeckt, wo mit wenigen Pinselstrichen ganz puristisch etwas dargestellt war - und mehrere tausend Euro kostete!!!
Vielleicht sollte ich eines aus Makeup, Wimperntusche und Rouge-Resten malen, das wär doch mal was...
liebe Grüße, Petra
Hallo, ich schau mich mal bei dir um, wenn ich darf.
AntwortenLöschenUnd klink mich ein ... Dein Post klingt schon mal seeeeehr interessant.
Danke für dein *Gucken* bei mir.
<3lichst grüßt dich Gisa
Prima! Herzlich Willkommen!!! :-)))
Löschenlieben Gruß
Brigitta