Lieschen hat Spaß an dem Bild, das sie sich nach diesem Tagesbericht
von der ausgelieferten Grete am Bahnübergang macht. Das Fräulein Grete Meier in
den Händen von Männern, die ihr nix zutrauen und sich ein wenig über sie und
ihre Situation lustig machen. Herrlich findet das die Liese.
Natürlich hat die
Grete, ordentlich und organisiert wie sie nun mal ist, noch niemals das Tanken
vergessen. Lieschen weiß, dass die Grete vorsichtshalber schon 100 Kilometer
vor der erwarteten Leerung des Tanks tankt. Auch wenn sie dafür teuer bezahlen
muss und die Liese in ihrer Sparsamkeit wüsste, dass 50 Kilometer weiter der
Sprit ein paar Cent billiger wäre. Das ist der Grete egal. Das hat sie schon oft mit
ihr erlebt. „Bloß nicht liegenbleiben und von irgend so einem Dahergelaufenen
wegen des leeren Tanks ausgelacht werden. Ne, Lieschen, die Blöße gebe ich mir
nicht. Keinesfalls. Ich tanke jetzt. Ist mir egal, was das kostet“ könnte die
Liese schon mitsprechen, so oft hat sie das schon aus Gretes Mund gehört.
Und jetzt ist es also passiert. Da haben alle
Vorsichtsmaßnahmen nichts genützt. Die „Dahergelaufenen“ lachen, obwohl der
Tank voll ist.
Das ist Schicksal, denkt das Lieschen. Oder vielleicht auch
einfach eine self-fulfilling prophezy? Oder wie nennt man das, wenn genau das
eintrifft, was man vermeiden wollte?
Lieschen kennt das auch. Es gab und gibt einiges, das sie tat und manchmal noch tut, damit
etwas Bestimmtes nicht eintritt. Leider denkt sie dann auch jedesmal explizit, dass sie das nun tut, damit
dasunddas nicht passiert. Sie definiert also ein Ziel mit dem Zusatz „nicht“.
Diese Nicht-Ziele verhalten sich dann aber oft so als wüssten sie nichts von
diesem „Nicht“. Ist ne blöde Sache, findet das Lieschen. Also von ihr selbst
und von diesem unsichtbaren Gesetz, das für die Anziehung dessen sorgt, auf das
man seine Aufmerksamkeit lenkt.
Lieschen z.B. hat von der Großmutter und auch von der Mutter
gelernt, jeden Tag frische Unterwäsche anzuziehen und peinlich genau darauf zu
achten, dass die Slips nicht ausgeleiert sind oder gar ein Loch haben. Warum?
Nicht weil das einfach hygienisch, schön oder sonst was ist. Nein. Weil sie im
Falle eines Unfalls oder Unglücks einem Notarzt, Arzt oder Krankenschwestern in
gepflegtem, reinlichen Zustand gegenübertreten soll. „Wer weiß, was die sonst
von dir denken!“ klingt dem Lieschen noch im Ohr. Auch an dem Tag, an dem sie
völlig überraschend einen Notarzt brauchte – und genau zu diesem Zeitpunkt
natürlich KEINEN frischen Slip trug und nicht sonderlich gepflegt war, weil sie
nämlich gerade aus dem Bett kam und sich nicht bewegen konnte. All die Jahre
Vorsicht umsonst. Heute weiß das Lieschen, dass es Notärzten, Ärzten und
Krankenschwestern wurscht ist, wenn die Patienten nicht wie aus dem Ei gepellt
aussehen und nutzt seitdem die frische Unterwäsche auf dem wunderbar gepflegten
Körper einfach so aus Freude – oder eben auch mal nicht. Ob sie das vor einer
Krankenhauseinlieferung bewahrt? Unwahrscheinlich. Hat ja auch nichts
miteinander zu tun.
Lieschen hat auch schon das ein oder andere Mal das ganze
Haus geputzt, weil sie „hohen Besuch“ erwartete, der nicht sehen sollte, dass
sie mit dem Haus im Normalfall keinen Schönerwohnen- oder Reinlichkeitspreis
gewinnen würde. Jede Ecke hat sie sich vorgenommen. Geschrubbt und gewienert,
geräumt und verräumt hat sie. Alles. Bis auf einen Schrank, in den sie alles
geräumt hat, für das sie so schnell nicht den richtigen Platz fand und ein
Zimmer, das sie ähnlich benutzte. Von beidem nahm sie an, dass es nicht
gebraucht, bzw. nicht besichtigt würde. Und? Wie kam es? Die Gäste fragten nach
etwas aus dem unaufgeräumten Schrank und brauchten etwas aus dem nicht geputzten
Sammelsurium-Zimmer. Und? War das schlimm? Nein! Verständnis oder
Garnichtbemerken war das „Schlimmste“, was je in solchem Zusammenhang passiert ist.
Lieschen ist schon viel lockerer geworden. Es gibt schon
sehr sehr viel in ihrem Leben, dass sie nicht mehr „vorsichtshalber“ tut, damit
das, was ihr unangenehm wäre oder vor dem sie Angst hat nicht eintritt. Oft
macht sie gute Erfahrungen, wenn sie es „drauf ankommen lässt“. Was richtig
Schlimmes ist noch niemals passiert. Im Gegenteil.
Jetzt muss sie aber Schluss machen mit der „AusdemNähkästchenplauderei“, sagt sie und geht zum Telefon. Sie muss doch noch unbedingt mehr erfahren über
diesen Engeltypen im gelben Overall. Ob er der Grete nicht doch ein bisschen
gefallen hat? Geschrieben hat sie davon ja nichts. Sie wird sie gezielt fragen
müssen. „Ja. Grete, da hilft auch „Liebernichterwähnen“ nix. Ich wills trotzdem
wissen“ wird sie sagen und Grete wird vermutlich lachen.
Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel:
Liebe Brigitta,
AntwortenLöschenGrete wird ganz schön in Schwullitäten gewesen sein. Ich kann das nachfühlen. Auch mir wurde eingebleut, täglich frische Unterwäsche
anzuziehen. Das ist ganz einfach in Fleisch und Blut übergegangen. Und noch so einige Dinge mehr.
Ich bin gespannt, was Grete zu erzählen hat, von wegen dem gelben Engel.
Einen schönen Restabend wünscht dir
Irmi
En frisch Ongerbotz, ja, da war bei uns früher auch immer das Argument, ...wenn Du mal ins Krankenhaus musst! Und jetzt muss ich mich zusammenreißen, meinen Kindern nicht das gleiche zu sagen *lach*
AntwortenLöschenZum Straßenfest letztens habe ich auch alle Kartons und Stapel in einen kleinen Abstellraum gestellt - und Montags muss der Maler ausgerechnet an diesem Lichtschacht arbeiten und guckt die ganze Zeit auf das Chaos, das keiner sehen sollte :-)
Ja ja, selbsterfüllende Prophezeiungen und das Universum kennt kein Nicht! Liebe schmunzelnde Grüße, Petra
Ach ja die arme Grete hatte wirklich einen schlechten Start in den Tag liebe Brigitta und dann die dummen Bemerkungen der Männer.
AntwortenLöschenDas mit der reinen Unterwäsche ich mir auch eingebläut worden als Kind, erinnere mich gut.
Liebe Abendgrüße
Angelika
:-) Geli
AntwortenLöschenHab ich gelacht und mich selbst erkannt! Ja ja, manches in unserer Erziehung haben wir verinnerlicht und hoffentlich "nicht" erfolgreich weiter gegeben...meine Kinder und Kindeskinder waren weitaus kritischer als ich es war...aber ich glaube das mit der Unterwäsche praktizieren sie auch :))
AntwortenLöschenHerzlichst MinaLina
Jetzt musste ich aber lachen bei den "Vorsichtshalber" von Lieschen.
AntwortenLöschenDas kenne ich auch noch, meine Großmutter war da spitze drin. Und man nimmt in der Tat so einiges mit von dem, was man in der Kindheit gelernt hat.
Früher habe ich auch immer geputzt, bevor Besuch kam. Jetzt mache ich es nicht mehr. Wem mein Zuhause so nicht passt, soll wegbleiben. Es ist ja kein "Schweinestall".
Und mit dem "Vorsichtshalber" ist das so eine Sachen, alles kann man nicht vorausplanen, irgendwie ist es auch langweilig.
Mein Mann möchte immer für den Urlaub "vorsichtshalber" dies und jenes mitnehmen. Gäbe ich dem nach, wir hätten einen kompletten Gepäckwagen.
Beim Tanken allerdings bin ich etwas vorsichtig. In Frankreich hatten wir echt mal Probleme, der Tank war nahezu leer und es kam keine Tankstelle, dann standen wir noch im Stau....Es war knapp.
Ich freue mich, dass Lieschen aus dem Nähkästchen geplaudert hat. mal wieder finde ich mich ein Stück weit wieder.
Lieben Gruß
Enya