Freitag, 4. Oktober 2013

Lieschen und die Sache mit den Geschenken

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 64  ---> guckst du hier 

Das wird ja spannend werden, denkt das Lieschen, nachdem es den Laptop beiseite gelegt und sich ein bisschen beruhigt hat. Zu und zu witzig findet sie Gretes Horrorbericht von ihrem Farmausflug in Sachen Schönheit. Sie lacht und lacht. Nicht einmal so sehr über die seltsamen Anwendungen und Gretes Leidensbemühungen. Nein. Sie amüsiert sich enorm über die Vorstellung, dass die Kollegen jetzt vermutlich in der Annahme bestärkt sind, dass ein nackter Tag auf einer Schönheitsfarm das Nonplusultra unter den Geschenkideen für die Grete ist und möglicherweise bereits für den nächsten Anlass sammeln. Was macht die Grete denn dann? Warum nur hat sie das Geschenk denn nicht gleich abgelehnt? Weil man so was nicht macht? Weil die Kollegen es doch lieb gemeint haben? Warum nur?

Lieschens seltsame Großmutter, von der sie schon manches Mal erzählt hat, hatte ihre ganz eigene Methode mit Geschenken umzugehen. Vor Festen, die üblicherweise Geschenke verlangten, sagte sie „schenkt mir nix. Spart Euch das Geld.“ Das bedeutete aber nicht, dass man ihr nichts schenken sollte. Das hat das Lieschen ausprobiert. Die Oma erwartete ein Geschenk. Das nahm sie entgegen. Betrachtete es von allen Seiten, schätzte den Preis ab und gab es DANN zurück. Manchmal mit den Worten „lieb gemeint, Kind, aber ich habe keine Verwendung dafür. Behalt du das.“ Allen Familienmitgliedern außer der Liese ging das extrem auf die Nerven und sie fanden, dass dieses Ritual ein unhaltbarer Zustand sei.

Lieschen konnte diese Ablehnung des immer gleichen Rituals nicht verstehen. Sie fasste die Sache mit den Geschenken offensichtlich schon immer anders auf als andere. Wenn die Liese ein Geschenk macht, dann schenkt sie das. Punkt. Dann kann der andere damit tun und lassen, was er will. Er darf es natürlich auch nicht wollen und wegschmeißen oder weiter verschenken. Ist ja ein Geschenk. Wenn die Oma ihr also wiedergab, was sie ihr schenkte, nahm die Liese das gerne zurück. Klug wie sie war, hat sie natürlich, nachdem sie das Ritual einmal begriffen hatte, der Großmutter nur noch das geschenkt, was sie selbst im Falle der Rückgabe auch gebrauchen konnte. Dumm ist die Liese ja nicht.

Liese selbst schenkt gerne, aber nicht zu irgendwelchen Anlässen, zu denen man was schenkt, aber keine Idee hat. Sie gibt gerne, wenn jemand etwas schön findet und haben möchte, dass sie selbst besitzt. In solch einem Fall wechselt das Ding schneller den Besitzer als alle Beteiligten gucken können. Oder wenn das Lieschen zufällig etwas sieht, von dem sie annimmt, dass es „etwas für XY wäre“, dann kauft sie das und schenkt es XY. Der darf es dann annehmen, schön finden, doof finden, zurückgeben, wegwerfen oder was auch immer. Sie weiß ja nur, dass sie dachte, dass es für denjenigen prima wäre. Mehr weiß sie ja nicht. Sie kann ja in niemanden reingucken.

Ihren letzten runden Geburtstag hat das Lieschen gefeiert. Als sie ihre Freunde dazu einlud hat sie ausdrücklich dazu gesagt: „Bitte tut mir einen großen Gefallen und schenkt mir NICHTS! Wirklich nichts. Ich meine das ernst! Kommt bitte einfach nur!“ Die Liese mag ja nämlich bekanntermaßen kein Zeugs, das sie nicht brauchen kann. Und was sie brauchen kann, kauft sie sich. Fertig. Und den Geburtstag wollte sie mit ihren Freunden feiern. Mehr nicht.

Natürlich hatte sie die Rechnung ohne ihre Freunde gemacht. Sie erfuhr, dass das natürlich nicht geht, dass man mit leeren Händen kommt, dieses Ding hier doch wirklich allerliebst sei oder genau zu ihr passe und überhaupt. Sie hatte dann alle Hände voll zu tun, all das „Liebgemeinte?“ entgegen zu nehmen, irgendwie zu verstauen und hinterher von links nach rechts zu legen oder eben zu entsorgen. 
Nur die Grete hat sich an Lieschens Wunsch gehalten und ihr kein Geschenk mitgebracht. Naja. Fast keins. Den Kinogutschein für zwei Personen hat sie einfach auf der Anrichte liegen lassen und erst am nächsten Tag angerufen und von diesem bestimmten Film erzählt, in den sie mit dem Lieschen unbedingt gehen wollte.

Hermann und Lieschen schenken sich schon lange keine Dinge mehr. Wenn einer von beiden etwas braucht oder möchte kauft er sich das von seinem Taschengeld. Fertig. Für sie sind materielle Geschenke schon lange kein Beweis mehr für Liebe oder irgend etwas Vergleichbares. Das ist sehr entspannend.







Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel: 

6 Kommentare:

  1. Lieschen ist ja konsequent - (fast) immer. Das zeigt sich nun auch beim Schenken. Und schlau ist das Lieschen.Die Sache mit den Großmuttergeschenken erheitert mich sehr. So kann man sich auch mal den einen oder anderen Wusch erfüllen...

    Ich finde es immer schwierig, das "richtige" Geschenkt zu finden.
    Aber so wie Lieschen habe ich es noch nicht geschafft mit dem Schenken oder Nichtschenken.
    Zumindest aber mache ich einfach viel selber und wenn es nur ein witziges Gedicht ist u.ä.

    Wenn jemand sagt "Schenk mir nichts", dann ist es schwer, das auch so zu machen. Kann ja sein, dass es nur so dahingesagt ist.

    Was mir richtig gut gefällt, ist, dass Lieschen einfach mal zwischendurch etwas schenkt. Eigentlich braucht ein Geschenk keinen Anlass.
    Das Schenken ist bei uns wie ein verpflichtendes Ritual - eigentlich kein richtiges Schenken dann, meine ich.

    Dass Grete den Kinogutschein wie zufällig hat liegen lassen, finde ich wiederum prima.
    Ich hoffe, beide haben den Film genossen.

    Lieben Abendgruß
    Enya

    AntwortenLöschen
  2. Lieschen, das finde ich konsequent und auch sinnvoll. Was soll man mit den meist unnützen und nicht gewolltn Dingen immer anfangen? Früher habe ich sie auf ein Regal im Keller verstaut. Später habe ich sie dann entsorgt. Aber erst sehr viel später. Ich verschenke auch zwischendurch Dinge, von denen ich weiß, dass mein Gegenüber sie möchte. Manchmal lade ich auch zum Italiener meines Vertrauens ein.
    Das kommt meist gut an.
    Eine schönen Restabend wünscht dir
    Irmi

    AntwortenLöschen
  3. ja - mit dem Schenken ist es nicht so einfach :-)
    aber was ist schon einfach in der Welt *g*

    ich habe den Text wieder mit viel Spaß gelesen. Vor allem die Zeilen über die Großmutter ;-)

    lieber Wochenendgruß von Heidi-Trollspecht

    AntwortenLöschen
  4. Hallo Lieschen,

    ja so ist das natürlich konsequent, aber irgendwie will man dann doch nicht unhöflich sein und mit leeren Händen da stehen. Drum schenke ich auch am allerliebsten solche Sachen die man mit dem anderen gemeinsam verbringen kann. Der Kinoabend war sicher sehr schön.

    Viele liebe Grüße

    Kerstin

    AntwortenLöschen
  5. Ich schenke immer noch gern, denn ich mag die Freude des Beschenkten so gern spüren und sehen. Natürlich braucht es nicht einen bestimmten Tag. Deswegen sehe ich Geburtstage Hochzeitstage usw als nicht so wichtig an. Wenn mir danach ist, dann feiere ich gern LG Geli

    AntwortenLöschen
  6. ich mag auch gerne verschenken !
    geben ist seeliger den nehmen ;-)))
    LG

    AntwortenLöschen

Herzlichen Dank für Euer Interesse und die den Blog so sehr bereichernden Kommentare!
Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))