Das wird ja spannend werden, denkt das Lieschen, nachdem es
den Laptop beiseite gelegt und sich ein bisschen beruhigt hat. Zu und zu
witzig findet sie Gretes Horrorbericht von ihrem Farmausflug in Sachen
Schönheit. Sie lacht und lacht. Nicht einmal so sehr über die seltsamen Anwendungen
und Gretes Leidensbemühungen. Nein. Sie amüsiert sich enorm über die
Vorstellung, dass die Kollegen jetzt vermutlich in der Annahme bestärkt sind,
dass ein nackter Tag auf einer Schönheitsfarm das Nonplusultra unter den
Geschenkideen für die Grete ist und möglicherweise bereits für den nächsten
Anlass sammeln. Was macht die Grete denn dann? Warum nur hat sie das Geschenk denn nicht gleich abgelehnt?
Weil man so was nicht macht? Weil die Kollegen es doch lieb gemeint haben? Warum
nur?
Lieschens seltsame Großmutter, von der sie schon manches Mal
erzählt hat, hatte ihre ganz eigene Methode mit Geschenken umzugehen. Vor
Festen, die üblicherweise Geschenke verlangten, sagte sie „schenkt mir nix.
Spart Euch das Geld.“ Das bedeutete aber nicht, dass man ihr nichts schenken
sollte. Das hat das Lieschen ausprobiert. Die Oma erwartete ein Geschenk. Das
nahm sie entgegen. Betrachtete es von allen Seiten, schätzte den Preis ab und
gab es DANN zurück. Manchmal mit den Worten „lieb gemeint, Kind, aber ich habe
keine Verwendung dafür. Behalt du das.“ Allen Familienmitgliedern außer der
Liese ging das extrem auf die Nerven und sie fanden, dass dieses Ritual ein
unhaltbarer Zustand sei.
Lieschen konnte diese Ablehnung des immer gleichen Rituals
nicht verstehen. Sie fasste die Sache mit den Geschenken offensichtlich schon
immer anders auf als andere. Wenn die Liese ein Geschenk macht, dann schenkt
sie das. Punkt. Dann kann der andere damit tun und lassen, was er will. Er darf
es natürlich auch nicht wollen und wegschmeißen oder weiter verschenken. Ist ja
ein Geschenk. Wenn die Oma ihr also wiedergab, was sie ihr schenkte, nahm die
Liese das gerne zurück. Klug wie sie war, hat sie natürlich, nachdem sie das
Ritual einmal begriffen hatte, der Großmutter nur noch das geschenkt, was sie selbst
im Falle der Rückgabe auch gebrauchen konnte. Dumm ist die Liese ja nicht.
Liese selbst schenkt gerne, aber nicht zu irgendwelchen
Anlässen, zu denen man was schenkt, aber keine Idee hat. Sie gibt gerne, wenn
jemand etwas schön findet und haben möchte, dass sie selbst besitzt. In solch
einem Fall wechselt das Ding schneller den Besitzer als alle Beteiligten gucken
können. Oder wenn das Lieschen zufällig etwas sieht, von dem sie annimmt, dass
es „etwas für XY wäre“, dann kauft sie das und schenkt es XY. Der darf es dann
annehmen, schön finden, doof finden, zurückgeben, wegwerfen oder was auch immer.
Sie weiß ja nur, dass sie dachte, dass es für denjenigen prima wäre. Mehr weiß
sie ja nicht. Sie kann ja in niemanden reingucken.
Ihren letzten runden Geburtstag hat das Lieschen gefeiert.
Als sie ihre Freunde dazu einlud hat sie ausdrücklich dazu gesagt: „Bitte tut
mir einen großen Gefallen und schenkt mir NICHTS! Wirklich nichts. Ich meine
das ernst! Kommt bitte einfach nur!“ Die Liese mag ja nämlich bekanntermaßen kein
Zeugs, das sie nicht brauchen kann. Und was sie brauchen kann, kauft sie sich.
Fertig. Und den Geburtstag wollte sie mit ihren Freunden feiern. Mehr nicht.
Natürlich hatte sie die Rechnung ohne ihre Freunde gemacht.
Sie erfuhr, dass das natürlich nicht geht, dass man mit leeren Händen kommt, dieses
Ding hier doch wirklich allerliebst sei oder genau zu ihr passe und überhaupt.
Sie hatte dann alle Hände voll zu tun, all das „Liebgemeinte?“ entgegen zu nehmen,
irgendwie zu verstauen und hinterher von links nach rechts zu legen oder eben
zu entsorgen.
Nur die Grete hat sich an Lieschens Wunsch gehalten und ihr kein
Geschenk mitgebracht. Naja. Fast keins. Den Kinogutschein für zwei Personen hat
sie einfach auf der Anrichte liegen lassen und erst am nächsten Tag angerufen
und von diesem bestimmten Film erzählt, in den sie mit dem Lieschen unbedingt gehen
wollte.
Hermann und Lieschen schenken sich schon lange keine Dinge
mehr. Wenn einer von beiden etwas braucht oder möchte kauft er sich das von
seinem Taschengeld. Fertig. Für sie sind materielle Geschenke schon lange kein
Beweis mehr für Liebe oder irgend etwas Vergleichbares. Das ist sehr entspannend.
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Lieschen ist ja konsequent - (fast) immer. Das zeigt sich nun auch beim Schenken. Und schlau ist das Lieschen.Die Sache mit den Großmuttergeschenken erheitert mich sehr. So kann man sich auch mal den einen oder anderen Wusch erfüllen...
AntwortenLöschenIch finde es immer schwierig, das "richtige" Geschenkt zu finden.
Aber so wie Lieschen habe ich es noch nicht geschafft mit dem Schenken oder Nichtschenken.
Zumindest aber mache ich einfach viel selber und wenn es nur ein witziges Gedicht ist u.ä.
Wenn jemand sagt "Schenk mir nichts", dann ist es schwer, das auch so zu machen. Kann ja sein, dass es nur so dahingesagt ist.
Was mir richtig gut gefällt, ist, dass Lieschen einfach mal zwischendurch etwas schenkt. Eigentlich braucht ein Geschenk keinen Anlass.
Das Schenken ist bei uns wie ein verpflichtendes Ritual - eigentlich kein richtiges Schenken dann, meine ich.
Dass Grete den Kinogutschein wie zufällig hat liegen lassen, finde ich wiederum prima.
Ich hoffe, beide haben den Film genossen.
Lieben Abendgruß
Enya
Lieschen, das finde ich konsequent und auch sinnvoll. Was soll man mit den meist unnützen und nicht gewolltn Dingen immer anfangen? Früher habe ich sie auf ein Regal im Keller verstaut. Später habe ich sie dann entsorgt. Aber erst sehr viel später. Ich verschenke auch zwischendurch Dinge, von denen ich weiß, dass mein Gegenüber sie möchte. Manchmal lade ich auch zum Italiener meines Vertrauens ein.
AntwortenLöschenDas kommt meist gut an.
Eine schönen Restabend wünscht dir
Irmi
ja - mit dem Schenken ist es nicht so einfach :-)
AntwortenLöschenaber was ist schon einfach in der Welt *g*
ich habe den Text wieder mit viel Spaß gelesen. Vor allem die Zeilen über die Großmutter ;-)
lieber Wochenendgruß von Heidi-Trollspecht
Hallo Lieschen,
AntwortenLöschenja so ist das natürlich konsequent, aber irgendwie will man dann doch nicht unhöflich sein und mit leeren Händen da stehen. Drum schenke ich auch am allerliebsten solche Sachen die man mit dem anderen gemeinsam verbringen kann. Der Kinoabend war sicher sehr schön.
Viele liebe Grüße
Kerstin
Ich schenke immer noch gern, denn ich mag die Freude des Beschenkten so gern spüren und sehen. Natürlich braucht es nicht einen bestimmten Tag. Deswegen sehe ich Geburtstage Hochzeitstage usw als nicht so wichtig an. Wenn mir danach ist, dann feiere ich gern LG Geli
AntwortenLöschenich mag auch gerne verschenken !
AntwortenLöschengeben ist seeliger den nehmen ;-)))
LG